Review

Rafael Toral

Spectral Evolution

Moikai • 2024

Manche Musiker machen einfach ihr Ding, bleiben einer Sache treu oder entwickeln sie mit der Zeit ein wenig in diese oder jene Richtung. Andere führen bewusst Brüche herbei, die schon mal erstaunen können. Bei dem Gitarristen Rafael Toral war es für einige Fans vermutlich überraschend, als dieser, nachdem er sich in die Möglichkeiten der Klangfarbenmalerei seines Instruments vertieft und dabei so entspannte Drone-Epen wie sein Album »Wave Field« von 1995 hervorgebracht hatte, gut zehn Jahre später mit »Space« plötzlich seine Saiten gegen Generatoren und Verstärkerfeedbacks eintauschte und daraus ein ganzes »Space Program« machte. Statt großangelegter Flächen war fortan kleinteiliges, oft spontan improvisiertes Piepsen an der Tagesordnung.

Mit »Moon Field« begann für ihn dann 2017 seine »dritte Phase«, in der er die zuvor getrennt gehaltenen Welten in direkten Austausch zu bringen begann. Inzwischen spielt er auch wieder Gitarre. Auf »Spectral Evolution« kommen lange Formen und kurze Gesten ohne erkennbaren Zwang zusammen, und es ergeben sich neue Assoziationen, auch dank der Blaumeise vorn auf dem Cover: Würde man sonst bei den singenden elektronischen Frequenzen genauso unmittelbar an Vogelstimmen denken? Überhaupt ist dies ein Album, das freundliche Zugewandtheit und den Mut zur eigenen Exzentrik mutig verbindet. Man kann das wirklich eine Evolution nennen, von Drone wie von »Space Music«, und eine verdammt schöne.