Review

Retrogott & Nepumuk

Metamusik

Sichtexot | ENTBS • 2021

»Ich bin der Retrogott und ja, ich rappe über Rap«, sagte die Kölner Untergrundlegende noch 2008. Heute heißt es »Metamusik«, so zumindest der Name des neuen Albums von Nepumuk und [Retrogott](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/1394/retrogott.) Darauf haben die beiden MCs und Producer ein Auge auf’s Geschäft, eines im Plattenkasten. Auf verspielten und harmonischen Loops aus Jazz und Funk rappen die beiden mit gesundem Dilettantismus über den Deutschrap-Szenezirkus zwischen Charts, Social Media und Männlichkeit. Dabei kommt den Rappern die eigene Verspieltheit immer wieder zu Gute. Schmal ist der Grat zwischen Underground-Mindstate und verbissener Engstirnigkeit, Nepumuk und Retrogott meistern den Balanceakt mit ein wenig Selbstironie und viel Liebe für die Musik. Liebe für die wirtschaftlichen Zusammenhänge dahinter gibt es aber wenig: »Wir schießen Jazz Richtung Top Of The Pops« heißt es schon auf dem ersten Stück. Und dann folgt viel Kritik: An der Dauerwerbesendung Social Media, an Rappern, die sich über Chartplatzierungen profilieren, an der Kommerzialisierung und Bewertung von Kunst. Ein paar Seitenhiebe gegen die Rap-Konkurrenz mit Holzschädel und Eisenherz. Auf dem vorletzten Song, »Zwecklosigkeit«, fällt dann endlich der Leitsatz dieses Projekts: »Zwecklosigkeit ist der Widerstand«. Denn ein klares Feindbild haben Retrogott und Nepumuk nicht, ihre Kritik haftet an Verhaltensweisen und Strukturen, ohne den Lösungsansatz mitzuliefern. Das musikalische Mittel steht hier im Fokus, kein gesellschaftlicher Zweck. Das ist schlau: Die vom Künstler allzu oft verlangte Message kann sich widerstandslos von der Kulturindustrie aufsaugen lassen, der Funk aber nicht. Der Funk schwebt über den Dingen.