Review

Takeshi’s Cashew

Enter J’s Chamber

Laut & Luise • 2023

Welch blumige Referenzen könnte man ausbreiten, um den Sound von Takeshi’s Cashew irgendwie zu erfassen! Das junge Sextett aus Wien ist kaum vier Jahre alt, konnte aber bereits mit seinem Debüt »Humans In A Pool« (2021) für sich in Anspruch nehmen, eine unverwechselbare, eklektische Handschrift gefunden zu haben und diese lässig fortzuschreiben – der Beweis gelingt nun mit dem zweiten Album bravourös. Wie in einem Videospiel geistern auf »Enter J’s Chamber« unterschiedlichste Spielarten, Traditionen und Kulturen vom Orient über Nordafrika bis nach Europa umher, schmeicheln und erschrecken sich, sind mal von vitaler Inbrunst, im nächsten Moment aber von großer Sehnsucht geprägt.

Technisch und instrumental hat die Band noch eine Schippe draufgelegt und mischt nun wohl ebenso viele Synthesizer mit perkussiven Elementen wie Gitarren mit Bläsern, Stimmungen mit Stilen, Erinnerungen mit Hoffnungen. Nur sie selbst wissen, was hier wirklich zum Einsatz kommt. Wie dem auch sei: Wenn in »A Rogue’s Tale« rothaarige Querflöten über Wahwah-Pedale tanzen und in »Serpentines (To Nikšić)« eine mediterrane Hochzeit grandioser Sommereuphorien ihre ultimative Ode erfährt, beweisen Takeshi’s Cashew ein seltenes Gespür für jene Romantik, die seit den späten Siebzigern gemeinhin als ausgestorben galt.

Entzückt kann jetzt attestiert werden: Sie lebt! Mehr noch: Sie wirkt jünger und zuversichtlicher denn je. Das ist Musik zum Verliebtsein, zum stundenlangen Starren in den Sonnenuntergang, zum Wiederfinden der Glückseligkeit nach langer Durststrecke am Abgrund – oder für Geschichten, die noch verfilmt werden müssen. Sollte also der Spaghetti-Western eines schönen Tages sein unverhofftes Revival erleben oder der kompromisslose Weltfrieden unsere Gesellschaften erobern – dieses Album wird so oder so als definitiver Soundtrack funktionieren.