Was wenn die Krautrock-Ära nie ein Ende fände? Wenn all die ungestüme Experimentierwut im Herzen Europas circa ’73 nicht durch den transatlantischen Pop-Moloch der Majors verschluckt worden wäre? Wenn die Hippies gewonnen hätten? Wir werden es nie erfahren. Sei’s drum, die Recken von Takeshi’s Cashew haben diese Paralleldimension erlebt und dennoch den Transit in unsere gewagt, mit dabei: ein güldenes Tondokument namens »Humans In A Pool«. Gezeichnet von Verheißungen einer besseren Welt, sprudelt das Debütalbum des jungen Sextetts vor wilder Expressivität über, vermählt Kulturen, transzendiert Tradition und Genre. Es klingt so spielerisch, so losgelöst, was in Songs von der immensen Vitalität und Schönheit eines »Sarajevo« oder »Pink Glass« vermittelt wird – doch das ist es nicht. Wenn Musik diesen Eindruck erweckt, hat sie manchmal schon den Schritt vom Dilettantismus zum Kunstwerk getan, ohne dies zur Schau zu stellen. Aufgenommen in einem kleinen DIY-Heimstudio, überspringt das Wiener Projekt während dieses Prozesses zig Levels künstlerischer Entwicklung und spiegelt die Essenz von Weltmusik, Clubkultur und Psychedelia in einem Prisma globaler Einflüsse – hier schallt die heroische Überschwänglichkeit eines Western-Scores von Franco Micalizzi, durch den Ash Ra Tempel, durchströmt von euphorischer Rhythmik und Reminiszenzen an kosmische Musik, Afrobeat, Cumbia, Latin Funk, Tishoumaren, Tribal Ambient und delirantem Folk aus Fernost. Mehr als gute 43 Minuten braucht es also nicht, um dieses Amalgam zum Glühen und Vibrieren zu bringen. Takeshi’s Cashew zeigen wie es geht und feiern das Chaos unserer Zeit als Beginn eines Übergangs, als Talsohle vor der Fahrt zum Gipfel, auf dem das Gestern ohne Reue erspäht wird. Nicht die Schmerzen dieses Lebens, doch sein Übermut und seine wilde Fülle bringen uns schließlich den Tränen nah, wenn wir uns an sie erinnern.
Humans In A Pool