Der Silvesterabend 2005 in der Volksbühne Berlin muss ein gutes gewesen sein für die wiedervereinigten Throbbing Gristle. Zum Schluss ihres Auftritts kündigt Genesis P-Orridge eine Zugabe an – die erste seit Bestehen der britischen Industrial-Band. Gespielt wird »Hamburger Lady« vom zweiten Album von 1978. Überhaupt liest sich die Setlist wie eine Art Greatest Hits ihrer beiden Schaffensphasen: vor der ersten Auflösung 1981 und nach der Wiedervereinigung 2004. Sogar Songs, die erst 2007 auf Part Two: The Endless Not veröffentlicht wurden, sind darunter.
Throbbing Gristle haben mit ihrem Label Industrial Records in den 1970ern zwar einem Genre den Namen gegeben, mit dem späteren Industrial-Gedöns aber wenig zu tun. Sie stehen für die künstlerische Verarbeitung der subversiven Unterwanderung des Kulturbetriebs – eine Aufgabe, die der Punk einst übernehmen wollte. In quälend langsamen Stücken tackert der maschinelle Beat stoisch vor sich hin, während nervenaufreibende Effekte dazwischenfahren. Die Welt ist am Arsch, und Throbbing Gristle liefern den Soundtrack dazu. Der Noise von »PA Destroyer« scheint die Soundanlage zu zerstören, »Almost A Kiss« wirkt wie eine Ballade mit Widerhaken. Die wiedervereinigte Band klingt hier wie eine perfekte Synthese aus Swans und The Fall.

Live At The Volksbühne, Berlin, 2005