Review

Tim Kasher

Adult Film

Saddle Creek • 2013

Es war an irgendeinem Frühlingstag 2003. Die VISIONS erhob damals Conor Oberst von Bright Eyes zum Coverboy und fabulierte von der Stimme einer Generation. Saddle Creek, dieses kleine Label als Omaha, war der heiße Scheiß und wir dachten alle, dass diese Jungs und Mädels unsere Seelen aus der Dorfeinöde retten würden. Sie waren die meiste Zeit wie wir: Deprimiert und/oder besoffen, auf jeden Fall angekotzt vom Rest der Welt. Dann kam irgendwann ein Sampler aus besagtem Magazin daher. »Art Is Hard« war dort drauf, Wahnsinn in drei Minuten gebannt – zumindest so viel Wahnsinn, wie es sich mit Folk-Instrumentariat eben anstellen ließ vor zehn Jahren. Tim Kasher schrie dort mit Herz ins Herz. Nun liegt »Adult Film« vor, das dritte Solo-Album des 39-Jährigen. Das dritte Album ohne Cursive. Zehn Songs. Kein Wutausbruch. Folk. Indie. Herzlichkeit. Ekelhaft. Zumindest ein wenig. Denn bei aller Enttäuschung bleibt »Adult Film« anständiges Handwerk. Kasher bringt nicht seine besten Lyrics, die Songs sind nett und okay, es bleibt aber wenig hängen. Wenn »Lay Your Weapons Down« als Aufforderung erschallt und dazu dann Flöten einsetzen, will man das aber auch einfach schnell vergessen. Wirklich groß ist nur »A Raincloud Is A Raincloud«, das eine hübsche Kinderlied-Melodie auffährt. Aber alleine der Vergleich mit Cursives Meisterwerk »The Ugly Organ« zerlegt hier jeden Rhythmus, jede Idee. Das ist alles ein bisschen Standardzeug, das es vor zehn Jahren bei Saddle Creek höchstens auf eine Raritätensammlung geschafft hätte. Selbst sein Projekt The Good Life überzeugt da mehr. Aber: Art is hard. Niemand weiß das besser als Kasher.

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