Es muss wohl im britischen Publikum für einiges Kopfkratzen und viele offene Münder gesorgt haben, Anfang der 1980er-Jahre Xmal Deutschland, frisch aus der Hamburger Untergrund-Szene gecastet, im Vorprogramm der Cocteau Twins erlebt zu haben. Nicht nur die unverständlichen, weil deutschen Texte irritierten sicherlich, sondern auch der mit viel Pathos skandierte Vortrag von Sängerin Anja Huwe, die zudem auf der Bühne eine wahre Erscheinung gewesen sein soll. Die zackigen Stakkato-Rhythmen, der unterkühlte Bass und die schneidenden Gitarren lassen zwar deutlich an auch britische Vorbilder wie Joy Division denken, allerdings haben Xmal Deutschland ihren ganz eigenen Ansatz von dunklem Post-Punk und einen speziellen Charme, der gerade in ihrer Klarheit und Zielstrebigkeit liegt.
Gift verbindet nun die ersten beiden Alben Fetisch und Tocsin, die in nur zwei Jahren entstanden und auf 4AD veröffentlicht wurden, zusammen mit fünf EP-Tracks aus derselben Zeit. Das ist nicht nur als reine Zeitkapsel interessant, sondern auch als Startpunkt für eine Spurensuche nach den Einflüssen auf explizit weibliche Musikerinnen, waren Xmal Deutschland (zumindest anfangs) doch eine reine Frauen-Band. Auf jeden Fall half eine relativ obskure Band aus Hamburg, den Punk-DIY-Ethos aus den Händen der Jungs zu entwinden und nebenher auch noch die entstehende Gothic-Szene zu beeinflussen.

Gift - The 4AD Years Clear Vinyl Edition