Review

Yamash’ta & The Horizon

Sunrise From West Sea

WeWantSounds • 2022

Diese erstmalig auf Vinyl-gepresste Live-Session aus dem Jahre 1971 ist ein komplexes Meisterwerk, das leider 50 Jahre auf Master-Tapes ruhte, bevor es nun endlich bei WeWantSounds rauskommt. Die Komplexität beginnt schon beim Namen Yamash’ta & The Horizon, der einen Sonnenaufgang von der der westlichen See verspricht. Pfadfinder•innen und Astrolog•innen gleichermaßen zucken zusammen bei der Vorstellung. Doch wie die Sonne stets im Osten aufgeht, so liegt auch die Geschichte dieser Platte in einer Zeit der musikalischen Revolutionen. Der intuitive Komponist und Perkussionist Stomu Yamash’ta, der einst von John Cage und Morton Feldman als »bester seiner Zunft« geadelt wurde, findet hier mit Masahiko Satoh einen kongenialen Partner. Satoh, den man vor allen Dingen vom psychedelischen Soundtrack zu »Belladonna« kennt, und Yamash’ta sind beides Kinder einer Zeit in der angetrieben durch (R-)Evolutionen im Jazz, der elektronischen Musik und Woodstocks Hippietum die Welt Kopf stand. Dieses anarchistische Chaos begleitet die freie Improvisation »Sunrise From West Sea« von der ersten bis zur letzten – 35. – Minute. Es kratzt und knirscht; dann wiederum wirbelt es; zwischendurch Vocoder-ähnlicher Gesang, oder was man so nennen möchte. Man merkt deutlich die Prägung durch den Free-Jazz, aber auch durch die neuen Kompositionsformen von Cage, Stockhausen und Toru Taremitsu – dem großen japanischen Komponisten des 20 Jahrhunderts. Es ist ein Happening, ein Experiment, eine Reise zum Mittelpunkt der Musik und ihrer Möglichkeiten.