Review Electronic

ZULI

Lambda

Subtext • 2024

Das Lambda (λ) ist nicht nur eines der häufigsten Formelzeichen in den mathematischen Wissenschaften. Als Sigel für libertas ist es seit den 1970er-Jahren auch ein Emblem von Befreiungsbewegungen, allen voran queere Gruppierungen. Das macht es zum idealen Symbol für das Spannungsfeld, in dem sich ZULI bewegt – kalte Abstraktion auf der einen Seite, gelebte Zärtlichkeit auf der anderen. »Lambda« ist 38 Minuten experimenteller Elektronik, zurückhaltend und ausufernd zugleich. Dabei merkt man den trüben Klangwelten des aus Ägypten stammenden Musiker seine Wahlheimat Berlin an. Das Album orientiert sich an einigen der besten Sounds, die in den letzten Jahren in deutschen Landen entstanden sind.

Da finden sich die korrodierten Störgeräusche eines KMRU, chromatisch-zerstückelter Gesang à la Holly Herndon und eine Skee Mask ähnliche warme Distanziertheit. Wiederholt wechselt ZULI das Tempo, wiederholt bringen Kollaborationen mit Sänger*innen unerwartete Klangfarben ein. Das Ergebnis ist eine wunderschöne Landschaft, in der jede Minute des Albums Entdeckungen bereithält. Leider fällt das Songwriting hinter dem Sounddesign zurück. Das Album ist voller Ideen, die sich selten ausgearbeitet anfühlen. Nachdem ich zwei Monate in Besitz der Promo war, tue ich mir immer noch schwer, mich an den Aufbau der meisten Songs zu erinnern. Das macht »Lambda« zu einer ambivalenten Erfahrung: Beim Hören ist es großartig, doch hinterlässt es einen fahlen Nachgeschmack. Mileage may vary.

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Zuli
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