Die Klänge von Violeta García bringen sogar Pfauen zum Singen

26.05.2025
Foto:© Guillermina Muller

Violeta García sucht in ihrer Musik das Extreme: klanglich, körperlich, emotional. Zwischen Noise, Improvisation und Neugier entsteht ein roher Ausdruck jenseits aller Kategorien. Wer der Argentinierin zuhört, hört nicht nur Cello, sondern eine Haltung.


Violeta Garcías ist Cellistin, Komponistin und Kuratorin, sie stammt aus Argentinien, lebt in der Schweiz und ist viel unterwegs. Auch zwischen verschiedenen Kunstformen bewegt sie sich frei. Den Grundstein legte ein Musikkonservatorium in Buenos Aires, als Violeta gerade einmal acht Jahre alt war. ›Ihr‹ Instrument, das Cello, begleitet sie inzwischen seit sie 15 Jahre ist.

Sie erinnert sich, wie sie mit dem Streichinstrument erstmals auf der Bühne stand, bevor sie es überhaupt voll beherrschte. »Ich spielte damals E-Gitarre in einer Rock-Punk-Band. Wir gaben ein akustisches Konzert und ich brachte das Cello mit. Obwohl ich kaum wusste, wie man es spielt. Das Adrenalin, das ich beim Spielen spürte, war wunderbar«, erinnert sie sich. »Bis heute liebe ich den Tanz, der entstand, als ich lernte, meine rechte Hand – die Bogenhand – zu benutzen«, führt sie fort.

Auch heute spielt sie in einer Punkband. Mit Blanco Teta macht sie Latinx Experimental Grrrl Noise-Punk Rock. Der kreative Prozess bei ihrem Solo-Projekt sei ein anderer als bei Kollaborationen, erklärt sie. »Bei Blanco Teta komponieren wir im Kollektiv, mit anderer Arbeitsdynamik. Ich komponiere mit einem instrumentalen Ansatz, ähnlich wie der E-Gitarrist in einer Band. Bei Soloprojekten komponiere und improvisiere ich mit mir selbst, und baue von dort aus auf, je nach Musik und Kontext, in dem ich arbeite«, sagt sie.

On top ist Violeta García Co-Gründerin eines Musiklabels: TVL REC. Das im Jahr 2017 gegründete digitale Label veröffentlicht nicht nur die Musik experimenteller Gruppen aus Lateinamerika, sondern veranstaltet darüber hinaus auch Festivals für Noise und extreme Musik. Bei diesem brachte sie im Jahr 2018 ihr erstes Soloalbum heraus: »Acero« (2018), das von Aufnahmen aus ihrer Kindheit inspiriert wurde.

Spürbar geistreich

Ihre gesamte Kindheit verbrachte García in Argentinien. »Ich wuchs umgeben von Musikliebhabern und Instrumenten auf. Mit meinem Vater spielte ich Klavier und argentinische Volksmusik und merkte schon damals, dass ich mich der Musik widmen möchte. Ich hätte nie gedacht, dass ich Argentinien verlassen würde oder dass die Welt so groß ist«, sagt die mittlerweile Mitte dreißigjährige Musikerin. Ihre Familie stand hinter ihr und ihrer Entscheidung, ihr Leben der Musik zu widmen, und dafür ist García ihnen dankbar. »Ohne ihre Unterstützung hätte ich nicht das Leben, das ich habe«, sagt sie. 

Die Entscheidung, in die Schweiz zu gehen, kam durch die Pandemie und ein Stipendium der HKB in Bern für einen Master in Contemporary Practices. Denn zu dieser Zeit konnte sie in ihrem Heimatland nur vom Bildschirm aus Musik studieren, während im weit entfernten Bern Präsenzunterricht möglich war. »Ich kam an, ohne jemanden zu kennen. Es war ein Riesenkontrast zwischen der großen Metropole Buenos Aires und dem kleinen deutschsprachigen Teil der Schweiz«, erinnert sie sich. 

»Ich konnte die Geister des Ortes spüren: die Feuchtigkeit, die Anwesenheit des Wassers, das einst dort gewesen war.«

Violeta Garciá

Sie war schon immer mutig, damals mit dem Cello in der Punkrockband, später mit dem Umzug auf einen anderen Kontinent und heute mit ihren zahlreichen experimentellen Musikprojekten, in denen sie sich immer wieder auf neue Pfade begibt. Ihr drittes Soloalbum »In/Out« wurde in einer Höhle aufgenommen. Diesen Ort, der früher ein Wasserreservoir war, beschreibt die Cellistin wie »aus einem Traum«. Die Idee, dass Violeta García dort komponiert, hatte der Gründer und Direktor vom Schweizer Label Bongo Joe Records, das ihre Platte herausgebracht hat. 

»Es war eine meiner beeindruckendsten Erfahrungen der letzten Jahre. Die Resonanz des Raums betrug etwa 28 Sekunden. Der Klang des Ortes war wie ein eigenständiges Instrument, das es zu verstehen galt«, erinnert sich García. »Ich konnte die Geister des Ortes spüren: die Feuchtigkeit, die Anwesenheit des Wassers, das einst dort gewesen war. Das Holz des Cellos wurde feucht, und im Laufe der Stunden und Tage veränderte sich alles ständig«.

Violeta Garcia, Cellistin © Guillermina Muller

Während Aufnahmen musste das Team die Höhle verlassen, weil alles dort hörbar war, »jeder Atemzug, sogar Gedanken, haha!«. Alle 30 Minuten musste sie an die Oberfläche, um zu atmen. Sie erinnert sich an besondere Momente der ohnehin schon einzigartigen Aufnahmesituation: »Die Geräusche der Tiere an der Oberfläche schlichen sich ein – sie begannen zu singen, wenn sie hohe Töne vom Cello hörten. Im Track ›OUT 1‹ kann man Pfauen hören.«

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Genau das regt die Kreativität der Komponistin an, die von sich selbst sagt, dass sie »süchtig nach Reizen« ist. »Ich bin eine Musikliebhaberin und umgebe mich gleichzeitig oft mit Künstlern, die keine Musiker sind – Menschen, aus der bildenden Kunst, dem Tanz und dem Film. Ich schaue oft Filme an und lese viel. Ich lasse mich von den Lebensgeschichten der Menschen inspirieren, die ich auf meinen Reisen zufällig treffe, von der Natur, von neuen Orten«, sagt sie. Und müde machen Violeta García all die Eindrücke und Reize nicht? »Nein«, sagt sie, »für mich sind sie eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration«.

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