Die Songs von Indigo De Souza, der emotionsgeladenen Indie-Sängerin aus Asheville (North Carolina), waren schon immer poppig – zumindest im Kern. Doch auf ihrem vierten Album Precipice sind sie es nun auch an der Oberfläche: Synth-Pop-Grooves und sich auflösende Akkorde dominieren, während jegliche edgyness über Bord geworfen wird. Die markante Stimme von De Souza, bislang ein expressives Zentrum, wird konventioneller eingesetzt als je zuvor. Das ist Indie-Pop, bei dem der zweite Teil des Genrenamens wesentlich wichtiger ist.
Precipice ist schlicht, gelegentlich schön. Ein Song wie »Crush On You« wirkt so überdeutlich, dass man fast eine ironische Brechung vermuten möchte – und doch scheint er ernst gemeint. Vielleicht ist es für Künstler:innen am radikalsten, irgendwann nicht mehr radikal sein zu wollen. Doch in diesem Fall führt es zu einer Musik, die merklich blasser bleibt als auf früheren Alben. Nur selten brechen die Songs aus. »Heartthrob« ist eine der Ausnahmen – nicht zuletzt dank seines einprägsamen Refrains: »I really put my back into it«. Viele der anderen Songs aber klingen generisch, stumpf, unauffällig.
Immerhin vermittelt das Album den Eindruck, dass Indigo De Souza mit bestimmten Traumata abgeschlossen hat. Zeilen wie »not afraid of dyin anymore« klingen nach innerem Frieden. Dazu passt der hellere Popsound. Doch so versöhnlich Precipice auch sein mag – aufregend ist es nicht.

Precipice