Eine Rezension verrät vermutlich immer genauso viel über die* Rezensent*in wie über das Kunstwerk. Bei Electro Baghdad von Shiran & Bakal ist das doppelt und dreifach wahr. Das Duo, Teil der arabischen Minderheit in Israel, bringt jemenitische und irakische Wurzeln in eine Musik ein, die arabische Melodien, irakische Klassiker und regionale Instrumentierung mit elektronischen Beats kombiniert. Es entsteht eine Musikrichtung, die sie selbstbewusst als »Electro Hafla« bezeichnen – eine arabische Partyästhetik mit Techno-Kante.
Dabei geht es nicht um explizit politische Botschaften, sondern um kulturelle Selbstbehauptung: allein schon durch das selbstbewusste Auftreten, die Orientierung an Tel Avivs kosmopolitischer Clubszene und die Wahl von Bagdad als utopischem Bezugspunkt. Das ist ein Statement – nicht nur in Be’er Sheva, sondern auch am Ballermann und in Berlin. Electro Baghdad ist ein Album, das aus seiner Ambivalenz keine Schwäche, sondern eine Stärke macht.
Der Song »Ah La Layla Yumma« bringt das am eindrücklichsten auf den Punkt: über einem herzzerreißenden Gesang türmen sich feurige Rhythmen und flirrende Synthesizer – emotional aufgeladen, tanzbar, kompromisslos. Trotz aller Brüche wirkt das Album erstaunlich geschlossen. Die Dramaturgie ist klar, das Songwriting präzise, und doch bleibt Raum für Widersprüche. Wer beim Hören eigene Bilder, Erwartungen und Projektionen nicht ganz zurückstellen kann, offenbart vielleicht mehr über sich selbst – aber bezeugt auch, wie eindringlich diese Musik ist.

Electro Baghdad
 
			 
					