Review

Flock Of Dimes

Head Of Roses

Sub Pop • 2021

»Alone again, alone again / My time, it is my own again« singt Jenn Wasner in »Walking«, bevor sich ein erlösender Klangteppich aus Gitarrentönen ausspannt, wie eine Hängematte, auf die man sich seufzend legen möchte. Dieses clevere, Wasner-typische Actio-Reactio-Spiel aus Gesang und Gitarre ist einer der Momente, in denen »Head Of Roses« beweist, dass die Multiinstrumentalistin und Wye Oak-Frontfrau mit dem zweiten Studioalbum ihres Soloprojekts Flock Of Dimes kein stumpf-wehleidiges Herzschmerzalbum gemacht hat. Angeboten hätte es sich: Wasner verarbeitete eine kurz vor dem ersten Lockdown zu Ende gegangene Beziehung. »Head Of Roses« beleuchtet weise die Liebe in Zeiten unendlicher Wahlfreiheit, in der die Menschen dauerverliebt sind – in ihre eigenen, hohlen Vorstellungen: »Freedom is empty / When it‘s all you have«, heißt es in »Lightning« (und man denkt kurz an Janis Joplins »Me and Bobby McG«). Der von Wasner besungene Zustand hat viele Gründe. Zum Beispiel, dass mancherorts die Grenze zwischen Empowerment und Aufforderung zum zügellosen Egoismus kaum merkbar verläuft, doch genau diese Grenze scheint das Album nachzuzeichnen. Es schenkt Trost, appelliert aber gleichzeitig an die Demut vor der eigenen Geworfenheit, denn: »We‘re all just wearing bodies / Like a costume ‘til we die« (»Two«). Dabei trifft Country Pop auf Shoegaze, staksende Synths auf raumgreifenden Folk Rock und Ambientanleihen. Flock Of Dimes kostümiert ihr Gitarrenspiel teilweise frech wie beim Taylor-Swift-verdächtigen Saitenstreicheln in »Awake for the Sunrise«. Vor allem aber tritt, auch dank der Zusammenarbeit mit Produzent Nick Sanborn (Sylvan Esso), Wasners Stimme mit neuer, hochkomplexer Zartheit hervor.