Review

Niklas Wandt

Balearische Bibliothek

Italic • 2021

Niklas Wandt ist ein musikalischer wie textlicher Regenbogenfisch, der zwar meist im gleichen Becken schwimmt, seiner Musik aber stets neu schillernde Schuppen abtrotzt. Seine neue EP »Balearische Bibliothek« versammelt vier Songs, zwei davon mit Text. Allen ist dabei gemein, dass Niklas Wandt – logischerweise – seinem Musikentwurf zwischen ganz viel Düsseldorfer Schule, Kraut und Cosmic einmal mehr treu bleibt. Der klingt auf den Instrumental-Tracks »Abraum« und »Forellental« verträumt wie eh und je, gleichzeitig nicht so düster Post-NDW-lastig wie mit den Neuzeitlichen Bodenbelägen seiner Kollaboration mit Joshua Gottmanns. Ob mit oder ohne Partner, eine Welt, die Klang und assoziativ-literarische Ideen verzahnt, erschafft Niklas Wandt mit Vorliebe. Diese entfaltet sich auf dem etwas über 20-minütigen Four-Tracker eben etwas schneller. Wo sich in »Forellental« die schimmernden Fische nur rein musikalisch in die große Synthesizer-Katharsis am Ende des Tracks stürzen, gibt Wandt in »Peiskam« – benannt nach einer kleinen Ortschaft in Österreich – und »Zum Schmalen Handtuch« textliche Hilfsstützen, die lose an Thomas Bernhard erinnern, aber dessen vernichtende Bitterkeit aussparen. Niklas Wandt sucht und findet seine Inspiration im glorifizierenden Blick aufs Provinzielle aus Sicht des urbanen Milieus, sucht den Rausch, ob nah am Mikrofon oder als über den Dingen stehende Radiostimme. Balearische Bibliothek eint kosmopolitischen Klang und proletarische Sehnsüchte, verfrachtet zeitlosen Sound gekonnt in eine pittoreske Welt, in der sich Natur und Zivilisation auf Augenhöhe begegnen.