Review

Various Artists

No Photos On The Dancefloor! Vol.1

Above Board • 2021

Neun Tracks sollen es richten. Neun Tracks erzählen auf dem ersten Teil der Begleit-Compilation zur Ausstellung »No Photos On The Dancefloor!« von 2019 14 Jahre Berliner Techno-Geschichte nach. Abgedeckt werden die Jahre 1992 bis 2006, was Pedant:innen schlaflose Nächte bereiten dürfte, erschien Taniths und Mijk van Dijks Hardcore-Techno-Breakbeat-Hybrid »Robocop« doch schon 1991. Doch Schwamm drüber. Für Erbsenzählereien lassen schon die ersten Tracks keinen Spielraum, vermitteln sie besonders jüngeren Hörer*innen doch eine wichtige Erkenntnis: Techno, nicht mal der aus Berlin, war keineswegs von Anfang an ins vantaschwarze Outfit mit schusssicherer Weste gepresst, Formalismus im monotonen Four-To-The-Floor-Korsett sucht man vergebens. Im Gegenteil klingen Thomas Fehlmann und Moritz von Oswald als 3MB mit Juan Atkins die bereits erwähnten Tanith und van Dijk als 9-10-Boy oder Alec Empire schillernd, eigenwillig und bisweilen ätherisch, bevor Futurhythm und Vainqueur mit gesteigerter Geschwindigkeit und Stringenz kontemporäre Techno-Spielarten vorwegnehmen. Mit »Elephant Island« steht an vorletzter Stelle ein traumhafter weil erstaunlich abwechslungsreicher Minimal-Techno-Track von Sleeparchive, der auch den Zweitausendern noch ihren rechtmäßigen Platz einräumt. DJ Pete alias Substance remixt zum Abschluss Monolake, versöhnt Funktionalität mit Innovation und zelebriert damit die Mixtur zweier Tugenden, die Berlin zu einer der wichtigsten Metropolen der elektronischen Musik avancieren ließen. Gelungene Compilation, die wichtige musikalische Duftmarken ehrt, ohne die rücksichtslose Kommerzialisierung des Genres in den Neunzigern mitzudenken.