Review

James Ferraro

NYC, Hell 3:00 AM

Hippos In Tanks • 2013

Wo ist hier die Seele? Beim ersten Hören von »NYC, Hell 3:00 AM« scheint das Sein verschütt gegangen zu sein; unter Botox, Virtualität und Konsum. Man spürt bald die Seele in der Musik nur, weil man hört, dass sie leidet. Und das macht dieses Werk so aufwühlend. Alles fröstelt, jeder Ton wirkt artifiziell, das Leben scheint nicht greifbar. Und dann merkt man: genau das ist die Hölle, von der das Album berichtet – hinter den flackernden Bildschirmen, den Werbeplakaten und Überwachungskameras die dunkle Ecken mit einer roten LED-Leuchte ausleuchten, stecken Menschen. Dir darin leben müssen. Wollen? »Money, Money, Money« spricht die Mac-Book-Sprachwiedergabe; »100% sexy« skandiert sie. Diese Plastikstimme sagt uns, wie plastik wir sind. Konsumenten! Man kann hier nicht einfach hören. Zu beängstigend dokumentiert James Ferraro ein Hier und ein Jetzt, in dem man sich als Hörer finden muss. Oder verlieren. Dann doch Streicher, Klavier, ein bisschen Erde, ein bisschen Menschlichkeit. Ferraro stellt sie den kalten Häuserwänden entgegen; seine Stimme gegen die aus dem Laptop. Es ist beides da. Fast hat man den Eindruck, als warne einen das Album: Pass auf, dass die andere Seite nicht gewinnt. Die andere Seite hört sich so an: Industrial-Sounds; es dröhnt und fiept. Wieder Sprachwiedergabe. »Tom Cruise«. Das hier ist voll von Seele. Man spürt ihre Anwesenheit, weil sie dauerhaft bedroht ist. Ein Album, direkt aus unserer Zeit, ein Stück Geschichte.

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