Review

Haftbefehl

Russisch Roulette

Urban • 2014

Das deutsche Gangsta-Rap-Ding wird konstant am Brodeln gehalten, dafür sorgen so einige, und immer wieder heißt es, jetzt, ja, jetzt haben wir es erreicht. Die Rede ist vom Level. Vom Level, auf dem sich die Rapskills von Deutschraps Lederjackenfraktion bewegen. Denn auch, wenn man es nur als dahingestellt betrachtet, ob und wie »echt« die rappende Riege der Kleinganoven und Großdealer denn nun ist: Als purer Stoff kamen die Raps selten von deren Lippen. Irgendwas war immer zu wenig, oft auch zu viel. Aber jetzt zeigt Haftbefehl, wie´s geht. Klar hat er, frisch bei Universal-Ableger Urban untergekommen, eine brachiale Breitseite an Beats zwischen Elektronik-Banger, symphonischer Hymne und Spätneunziger Brett hingezimmert bekommen, alles einwandfrei ausproduziert, immer an der richtigen Stelle mit Auf-die-Fresse-Effekt, und natürlich ist das die halbe Miete oder so. Der Offenbacher weiß aber, wie man auf solchen Teilen abgehen muss. Obwohl, vielleicht weiß er´s gar nicht, Fakt ist, er kann es. Hafti bringt Ecken und Kanten in Silben, die gar keine haben, und flowt daraufhin Begriffe zurecht, die man im tonangebenden Doubletime-Schema eher nicht zwischen vier Viertel packen würde. Das ist ungewohnt, das hat man vielleicht sogar seit guten alten FKP-Zeiten nicht mehr mit derart drastischer, unmittelbarer Wucht gehört. Dass er sich dabei mehrerer Sprachen und Slangs bedient ist ja inzwischen ein alter Hut, und dass das auf Albumlänge den einen oder anderen nervt: auch geschenkt. Aber man muss keinen Adorno oder Biggie Smalls bemühen, um Haftbefehls neue Scheibe am Horizont aktueller Deutschrap-Releases herausragen zu sehen. Vielleicht nicht unbedingt als schwarzen Monolithen. Aber definitiv als Wand, die genommen werden muss, um weiterhin auf Augenhöhe mitzuspielen.