Avalon Emerson – 12 Bay Area Favs

12.10.2015
Wir fragen Musiker nach 10.. ähh 12 Schallplatten, durch die sie geformt, gebessert und gebildet wurden und bitten sie, diese Auswahl zu kommentieren. Diesmal steuert die Produzentin und DJ Avalon Emerson eine persönliche Auswahl bei.

Wir fragen Musiker nach 10.. ähh 12 Schallplatten, durch die sie geformt, gebessert und gebildet wurden und bitten sie, diese Auswahl zu kommentieren. Diesmal steuert die Produzentin und DJ Avalon Emerson eine persönliche Auswahl bei.

Geboren in San Francisco, bedeutete zurück zu den Wurzeln bei Avalon Emerson dennoch auch den Sprung in neues Terrain, verbrachte sie doch den Großteil ihrer Jugend in Arizona, spielte in Bands und nahm jene ihrer Freunde auf, was ihrem unstillbaren Interesse an Studiotechnik geschuldet war. Das vertiefte Auseinandersetzen mit dieser Leidenschaft führte in San Francisco unweigerlich zu Berührungspunkten mit Clubkultur in Form von ersten selbstorganisierten Tanzvergnügungen.

Den Grundstein bildete dabei ganz wesentlich der Musikgeschmack ihres Elternhauses. 80s, New Wave, Disco, Funk und Soul waren der Soundtrack ihrer Jugend. Dieser sollte später einen nicht unerheblichen Einfluss auf ihr musikalisches Denken haben, denn Emerson profiliert sich trotz ihres vergleichsweise noch jungen Alters durch eine enorme musikalische Weitsicht. Dies hört man nicht nur ihren DJ-Sets sondern auch ihren Produktionen auf Labels wie Icee Hot, Spring Theory oder, gerade erst veröffentlicht, auf Shtum an.

Den Ursprung dessen vermutet sie unter anderem auch im Zeitgeist der Bay Area. Trotz der überschaubaren Größe gibt sich die lokale Szene quietschfidel. Nostalgisch schätzt man die Kultur des Diggens und wahrscheinlich nirgendwo sonst außer vielleicht in Berlin können aktuell noch mehr Plattenläden aufmachen. Durch die erneute Verlagerung ihres Lebensmittelpunktes in eben jene Hauptstadt des ekstatischen rund um die Uhr Feierns stellt sie sich einer neuen Herausforderung, sodass neben dem immer voller werdenden Booking-Kalender und ihrem Job als Softwareentwickler ein erstes Album in hoffentlich nicht mehr all zu weite Ferne rückt. Bis dahin hat sie für uns einige Platten herausgesucht, die sie in besonderem Maße mit ihrer Zeit in San Francisco verbindet und die die dortige Szene zu ganz unterschiedlichen Zeiten aber teils über Jahre hinweg geprägt und auch nach außen hin repräsentiert haben.

1 – »High Pressure Days« by The Units
taken from the album »Stimulation«, 415 Records 1980

Das ist um 1980 herum entstandene Punk Synth Musi«,richtig gut tanzbar. Mitte bis Ende der Nullerjahre gab es so etwas wie eine Nu-Disco Re-Edit Welle, die auch vor The Units’ »High Pressure Days« nicht halt machte. Ich hab hier zwar die Original Version vermerkt, aber erst durch die viel gespielten Edits avancierte diese Nummer zu einem großen Hit in San Francisco.
“Listen:”https://www.youtube.com/watch?v=isI3ihO4Z3I

2 – »Raised by Snakes (Razormaid! Mix)« by Telex
taken from the EP »Razormaid Chapter Eight: Special Delivery«, Raizormaid Records 1985

Ich hatte die Ehre, Joseph Watt von Razormaid! vor einem Jahr zu treffen. Das war ein inspierendes Erlebnis, denn wie kaum ein anderer schafft er es, seit den frühen achtzigern DJs und Popmusik zusammenzubringen, indem er seine Edits in den Clubs einem völlig neuen Kontext überlässt. Das war gerade zu der Zeit ziemlich neu. Heutzutage agiert er mehr im Hintergrund und produzierte beispielsweise ein Medley von Britney Spears Songs für ihre Las Vegas Show. Die Zeit, wo er die für mich persönlich besten Sachen gemacht hat, waren die mittleren bis späten achtziger Jahre, die Telex Nummer zum Beispiel. Selbst heutzutage wird die in San Francisco noch ab und an gespielt.
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3 – Halucifuge (Freaky Chicken Peck) by Freaky Chakra
taken from the »Halucifuge«, Exist Dance 1993

San Francisco war bestimmt 10 Jahre lang mystischer Grund und Boden für diverses abstraktes und psychedelisches Breaks Zeug. Diese Nummer ist wohl eine der größten Jams jener Zeit und war ständiger Begleiter in den Plattentaschen von Größen wie DJ Spun oder Solar.
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4 – »Spaced Cowboy« by Sly and the Family Stone
taken from the Album »There Is A Riot Going On«, Epic 1971
find it at hhv.de on Double LP and CD Gold Disk Edition

Meine Mama hat, während ich bei ihr aufwuchs, wahnsinnig viel Sly gehört. Deshalb ist da eine emotionale Verbindung zu entsanden denke ich. »Spaced Cowboy« ist eines meiner liebsten Stücke von ihm.
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5 – »Don’t Stop« by Sylvester
taken from the album »All I Need«, Megatone 1982

Sylvester und Patrick Cowley definieren für mich den San Francisco-Sound und dominierten die Disco und irgendwie auch Post-Disco-Ära in besonderem Maße. Ich erinnere mich an diese ganz besondere Reunion Party des Tocadero Transfer, zu der ich vor ein paar Jahren ging. Das Tocadero Transfer war nämlich so etwas wie die Paradise Garage der Westküste. Diese Party im Speziellen war in Gedenken an Sylvester und als ich diesen Song hörte musste ich weinen.
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6 – »Last Call« by Jolo
taken from the EP «Last Call«, Megatone 1984
Das Musikvideo zeigt das alte I-Beam an der Haight Street, das, wenn es immer noch stehen würde, nur circa fünf Minuten von meinem alten Apartment entfernt gewesen wäre. Da es das nicht tat, kam ich leider nie in den Genuss, mit dem selben Enthusiasmus dort feiern zu können, wie es die Jolo Mädels offensichtlich in dem Video tun.
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7 – »Sea Hunt« by Patrick Cowley
taken from the album »Megatron Man«, Megatone 1981

Patrick Cowley war ein absolutes Genie, Sea Hunt ist da nur ein Beispiel. Die Reissues auf Josh Cheons Dark Entries–Label in San Francisco haben seine Arbeiten gerade erst wieder zurück in die Köpfe der Leute gebracht. Die dort neu aufgelegten Sachen waren der Soundtrack zu Pornofilmen und sind sehr atmosphärisch. Er hat aber auch einige von Sylvesters größten Hits produziert und war selber sehr erfolgreich.
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8 – »Right On Target« by Paul Parker
taken from the album »Too Much To Dream«, Megatone 1983

Noch eine Cowley-Produktion. Ich liebe diese locker und kraftvoll ineinandergreifenden Melodien bei dem Stück. Fun Fact: Paul hat 100 Prozent von seinem guten Aussehen behalten und ist jetzt ein erfolgreicher Immobilienmakler in Napa. Dennoch hat er gerade erst noch einmal auf der Deviants Party von Honey Soundsystem seine größten Hits – wie »Right On Target«– performt. Das findet rund um die Folsom Street in San Francisco statt, die bekannt für ihre Gay, SM und Leder Szene ist.
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9 – »Squib Cakes« by Tower of Power
taken from the album »Back To Oakland«, Warner Bros. Records 1974

Ganz außschließlich nur über San Francisco konnte ich die Liste dann doch nicht machen. Dennoch waren auch Tower Of Power in aller Munde im East Bay der Siebziger. Eine Große Body & Soul Nummer ist das.
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10 – »Push it (Cameron Paul Remix)« by Salt ‘N’ Pepa
taken from the EP »Tramp (Remix) / Push It«, fNext Plateau Records Inc. 1987

Jeder kennt diesen Song. Aber vielleicht nicht jeder weiß, dass wir ihn vermutlich nicht unbedingt kennen würden, wenn Cameron Paul nicht gewesen wäre. Sein Remix stürmte die Charts und war einer der ersten Hip Hop-Tracks, die einen Grammy gewannen. Cameron ist eine Legende in San Francisco und rockte in den Achtzigern das City Nights und das Studio West. Mit seiner Art zu Mixen und beispielsweise innerhalb von drei Platten nahtlos von 90bpm auf 130bpm wechseln, hat er viele beeinflusst. Das war natürlich leider kein Teil von San Francisco, den ich aktiv und hautnah miterleben konnte, aber es war wichtig für die Historie der Stadt und dessen weitere Clubkultur. Er hat auch einige tolle DJ Tutorials produziert, die man sich immer noch auf diversen Video-plattformen anschauen kann. Sehr zu empfehlen.

11 – »Didn’t I« by Darondo
taken from the EP »Listen To My Song / Didn’t I«, Music City 1972
find it at hhv.de on LP

RIP. Definitiv eine der schönsten Soul Platten überhaupt.
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12 – »Dark Star« by Grateful Dead
taken from the album »Live/Dead«, Warner Bros. 1969

Ich muss zugeben, ich verstehe diesen Aspekt der Stadt, die ich einmal mein Zuhause nannte nicht. Oder vielleicht noch nicht komplett. Dennoch irgendwas an diesem Song lässt mich wünschen, dass ich immer noch ein Motorrad hätte und den nebeligen Pacific Coast Highway kurz vor dem Sonnenaufgang hinunterheitzen könnte… oder zumindest war es das, was mir eine Gruppe von Hells Angels nahelegte, was ich unbedingt mal machen solle.
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