Man muss nicht extra klischeehaftes Protz-Vokabular à la »808-Grundierung« bemühen, um mit Nadia D’Alò ein gutes Gespräch zu führen. Das hängt bestimmt auch damit zusammen, dass sie eher über Umwege und vergleichsweise spät in den Clubkontext geraten ist. Als Teenie hörte sie Eric Satie und Dave Pike, wurde Sängerin in einer Bossa-Nova-Band, später war sie Fan von Radiohead, Bauhaus und Portishead. Der Besitz des ersten Synthesizers mit Anfang 20 diente erstmal für »Spielereien« in einer New-Wave-Band. Aber dann, 2012, lernte D’Alò im Studium ihren heutigen Ehemann Benedikt Frey kennen, der sich schon damals als House- und Techno-DJ profiliert hat. Ein musikalischer Gegenpol, sagt sie. D‘Alò änderte ihre bis dahin eher negative Meinung über das DJing, die beiden gründeten das Duo INIT – und liessen sich gleich für den allerersten Auftritt 2015 zur Boiler-Room-Session ins Offenbacher Robert Johnson bitten. »Das würde ich absolut niemandem empfehlen«, beseufzt D‘Alò die ungewöhnliche Feuerprobe im Interview.
Rakete R.i.O.
Trotzdem war von da an, um im Bild zu bleiben, die Rakete gezündet: es folgten etwa Bookings im Berghain, Golden Pudel oder dem Rex Club in Paris. 2019 gründeten D’Alò, Frey und Markus Woernle das Label R.i.O.. Das die drei verbindende Element, die Erwartungen der Zuhörerschaft immer wieder zu unterlaufen, bekam damit ein Zuhause. Aber auch solo als DALO fand sie dank düsterer Techno-Tracks mit Acid- und Industrialdresche und schwebenden Vocals Beachtung. Sie werkelte weiter an ihrer Gesangsstimme – die sich meist irgendwo zwischen Nico und Tess Parks bewegt, aber zum Beispiel auch mal ihre Sympathie für Beth Gibbons durchscheinen lässt – und bekam Kollabo-Anfragen von Szenegrößen wie Massimiliano Pagliara und Jennifer Cardini. Mit »Duster« legt DALO jetzt ein für sie sehr persönliches Album vor, »eine Platte ohne Vorschriften«, erzählt sie: gleich der Titeltrack handelt von einer Krankheit, an der sie leidet. Für uns hat die Musikerin und DJ einen exklusiven Mix gemacht, mit dem sie die Hinwendung dazu, mehr von sich zu zeigen, mit einem Überblick über ihren Geschmack und der Ästhetik von »Duster« zelebriert.
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