Wer die Lippen zusammenpresst, um Pingipung laut auszusprechen, hat das Erscheinungsbild des Hamburger Labels verstanden. Pingipung ist wie eine Sound Identity, ein namentlicher Nachweis für das, was sich seit 2002 von Hamburg aus auf Plattentellern dreht. Es sind verspielte Melodien, »bei denen man sich vorstellt, als würde man in bonbonfarbenen Welten irgendwelche Münzen einsammeln«, sagt Heiko Gogolin. Neben Andrea Wienck, Andi Otto und Nils Dittbrenner ist er einer der Gründer von Pingipung. Er sitzt in seiner Küche in Hamburg und grinst in die Laptop-Kamera. Gerade kommt er von der Gamescom in Köln zurück.
Heiko Gogolin ist nicht nur »lebenslanger Gamer«, sondern auch Geschäftsführer bei Rocket Beans, eines der größten deutschsprachigen Livestreaming-Kanäle für Videospiele. Untertags leitet er 130 Mitarbeiter, abends bringt er Schallplatten von Anadol, Umeko Ando oder Hey-O-Hansen zur Post. Inzwischen füllt man mit dem Back Catalog von Pingipung die Hälfte eines Ikea-Regals. 75 Releases sind erschienen. Zum Jubiläum gönnt man sich das »Königsformat«, so Googlin. Auf zwei 10inches feiern wichtige Labelacts und Freunde des Hauses Geburtstag.
Es ist Sommer
Begonnen habe Pingipung vor über 20 Jahren in Lüneburg, keine Autostunde von Hamburg entfernt. Wienck, Otto, Dittberner und Gogolin lernen sich während ihres Studiums kennen. Man hört Platten von Künstler*innen und Bands wie Schlammpeitziger, F.S.Blumm oder James Din A4. »Irgendwann wollten wir selbst veröffentlichen – vor allem unsere eigenen Sachen«, sagt Gogolin. Im März 2002 verkündet Peter Presto, so der Künstlername von Labelmitgründer Nils Dittbrenner: »Es ist Sommer«.
Weil der Release in die Rotation von Michael Mayer bei Kompakt rutscht, sei man seit damals in deren Vertrieb. Außerdem habe man von Anfang verschiedene Platten von Menschen rausgebracht, die die Labelgründung beeinflusst haben. Es sind jene Künstler*innen, deren Platten während gemeinsamer Abende in WG-Küchen rotierten.
»Wir sind zu groß, um es auf halber Arschbacke abzusitzen. Gleichzeitig ist das Label weit nicht groß genug, um ernsthaft Leute zu finanzieren.«
Pingipung
»Mit James Din A4 hat schließlich einer unserer Helden eine CD mit uns kompiliert«, sagt Gogolin. Über die Jahre habe er unzählige Alben auf Vinyl veröffentlicht, die Songs danach aber einfach gelöscht. »Für das Best-of mussten wir auf einem sündhaft teuren Plattenspieler von Vinyl aufnehmen, um sie später auf CD veröffentlichen zu können.«
Die Compilation von James Din A4 ist eine der wenigen CDs, die über die Jahre auf Pingipung erscheinen. »Bei jeder einzelnen, die ich heute höre, ärgere ich mich, dass sie nicht auf Platte erschienen ist«, so Gogolin. »Was physisch nicht bei mir steht, existiert weniger – auch wenn Vinyl teuer ist, länger dauert und sogar im Versand ein pain in the ass ist.«
Warum Pingipung Pingipung heißt
Inzwischen landen Platten von Pingipung trotzdem in Postkästen auf der ganzen Welt. Das Publikum ist so international wie die musikalische Ausrichtung. 2011 erscheinen zum Beispiel die »Kenya Sessions« von Sven Kacirek, für die Pingipung den Preis der deutschen Schallplattenkritik gewinnt. »Eine Verknüpfung afrikanischer Musik mit westlichem Ansatz via Livejams«, steht in der Jury-Begründung. Etwas, das in die DNA des Labels eingewoben sei. Schließlich habe man schon früher afrikanische Highlife-Musik von A.J. Holmes veröffentlicht.
Pingipung sei in einer komischen Zwischenposition, so Gogolin. »Wir sind zu groß, um es auf halber Arschbacke abzusitzen. Gleichzeitig ist das Label weit nicht groß genug, um ernsthaft Leute zu finanzieren.« Weil Andrea für Greenpeace arbeitet, Nils bei Nintendo angestellt ist und Andi Otto mit seiner Musik und Lehraufträgen selbständig ist, könne man finanziell unabhängig sein. »Allerdings haben wir mittlerweile so viele gute Künstler*innen veröffentlicht, dass es unsere Aufgabe ist, auch für sie zu verdienen.«
Übrigens: Wer bisher gelesen hat, soll auch erfahren, warum Pingipung Pingipung heißt. »Nils’ Bruder konnte das Wort ›Pinguin‹ nicht aussprechen«, so Gogolin. »Stattdessen hat er dauernd ›Pingipung‹ gesagt.« Nils habe den Namen so cool gefunden, dass er sich bereits 1998 die URL dafür gesichert habe. »Er wusste, dass er irgendwas unter diesem Namen machen will. Wir haben uns getroffen. Das Label entstand.« Der Rest sind 20 Jahre Indie-Geschichte.