Label Watch: Timedance

16.10.2025

Bristol hat als britische Musikhochburg nichts von seiner progressiven DNA verloren. Das ist in den letzten zehn Jahren auch Batus Label Timedance zu verdanken. Seit fast 50 Katalognummern werden hier Bass, Techno und ihre Verwandten auf faszinierende Art und Weise auf den Tanzboden der Zukunft vorbereitet.

Möglichkeiten, sich außerhalb seines Studiums zu engagieren, gibt es ja viele. In Bristol gehört dazu auch, ein Label zu gründen. Wer wie Omar McCutcheon alias Batu Musikproduktion studiert hat, ist von Anfang an mitten in der Szene. Umgeben von Kreativen, die eine lebendige Kultur aufrechterhalten wollen. Da gründet man schon mal mit Anfang 20 ein Plattenlabel.

»Es hat sich nicht wie großer, revolutionärer Schritt angefühlt«, erzählt er über die Anfangszeit von Timedance. 2015 aber schien er logisch, denn »wir kamen aus dieser Phase der britischen Clubmusik – vor allem Bassmusik, Drum’n’Bass, Dubstep, Grime, Jungle, Garage. Wir alle sind mit diesen Sounds aufgewachsen und haben später Techno für uns entdeckt.«

Britische Bassmusik – und alles, was Musikjournalist:innen mit dem Präfix »Post-« schmückten – wurde Anfang der 10er-Jahre immer experimentierfreudiger, internationaler und verlor das Interesse daran, alten Genre-Regeln zu folgen, bewegte sich aber gleichzeitig auch mehr in Richtung Techno. Batu verstand sich und seine Crew daher als Matchmaker: »Wir haben versucht, beide Welten miteinander zu verbinden.« Umgeben von vielen talentierten Künstler*innen, deren Musik anderswo kein Zuhause gefunden hätte, machte er sich an die Arbeit.

Dass Labels, die sich dem Abseitigen und dem Underground verschreiben, so lange existieren dürfen, ist alles andere als selbstverständlich. Batu erinnert sich daran, wie er 2009 noch den fünften Geburtstag von Hyperdub erlebte. »Und jetzt ist Timedance doppelt so alt. Das ist schon ein bisschen irre.«

Zum zehnten Geburtstag haben er und Label-Manager Paul Boumendil eine Compilation zusammengestellt, die sich – ganz in Timedance-Tradition – weniger mit dem Gestern als mit der Gegenwart und der Zukunft beschäftigt. »Wir veröffentlichen nichts, das sich nicht wie ein Schritt nach vorne anfühlt.« Es gehe darum, etwas zu releasen, das mit der DNA und der Vision des Labels einhergeht. Für Paul bestehe die DNA darin, »dass wir bei dem, was wir tun wollen, und bei der Vielfalt, die wir uns erlauben, keine Kompromisse eingehen«.

Breiter als Bass, weiter als Bristol

Das »Kernteam«, wie Paul es nennt, das aus Produzenten wie Metrist besteht, der auf Timedance mit seiner Pollen-Trilogie zwischen grimmigen Breaks und bleepigem IDM unterwegs war, oder Lurka, der schon in den Anfangstagen technoide Bass-Musik als Soundbasis etabliert hat, sollte auf der Compilation T10 nicht fehlen. Trotzdem »wollten wir eine Klangpalette präsentieren, die breiter ist als das, was man streng dem Bristol-Bass-Kontinuum zurechnen würde«, erklärt Batu, weshalb auch Chloe Lula alias Polygonia oder Skee Mask mit offenen Armen empfangen wurden.

Wenn Sound und Haltung stimmen, ist völlig egal, woher ein Track kommt.

Wenn Sound und Haltung stimmen, ist völlig egal, woher ein Track kommt. Paul erwähnt fast beiläufig, dass sie in unveröffentlichter Musik schwimmen. Es gebe Producer, die schicken ihnen mal eben 35 Tracks auf einmal zu. Entsprechend kommt Timedance mit dem Releasen kaum hinterherkommen. Der bisherige Katalog zeugt von einem Auswahlprozess, der ein feines Gespür beweist, manchmal aber etwas länger dauert. Es passiert schon mal, dass nur einer der beiden wirklich überzeugt ist, am Ende aber vertrauen sie ihrem Urteil. Batu weiß, worauf es ankommt: »Seit Beginn gab es nie eine Veröffentlichung von jemandem, den ich nicht kannte oder mit dem ich nicht gesprochen habe. Es ist ein Markenzeichen von Timedance, dass wir mit den Künstler*innen im Austausch stehen, sie kennenlernen und auf diese Weise zusammenarbeiten – es gibt immer eine persönliche Ebene.«

Meilensteine zu benennen, fällt ihnen schwer. Sie sehen es als gutes Zeichen, dass ihnen die Leute immer wieder andere Highlights nennen, wenn sie über das Leben sprechen. Die begeisterten Worte eines Discogs-Users, der auf dem Label-Profil verkündet, nicht darauf warten zu können, seinen Kindern die Musik näherzubringen, sprechen für die Zeitlosigkeit der Veröffentlichungen. Wie der Tanzflur von morgen aussieht, wissen wir alle nicht. Dass darauf aber Musik von Timedance zu hören sein wird, ist nicht unwahrscheinlich.

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