Natalie Bewernitz & Marek Goldowski – »Unveilled Presence (NYC)« in der Artothek Köln

19.11.2013
Foto:Philipp Kunze
Das hat mich echt nicht vom Hocker gehauen! Im Falle der audiovisuellen Ausstellung von Natalie Bewernitz und Marek Goldowski ist das ein gutes Fazit. Folgen wir einfach der Taube.
Eine Taube gleitet in der ersten Szene von Jim Jarmusch‘ »Ghost Dog« getragen von einem RZA-Instrumental, über New York und landet schließlich auf einem Dach. Dort liegt Ghost Dog, gespielt von Forest Whitaker, neben seinem Taubenverschlag. Verlassen wir das Dach, begeben uns auf die Straße und schauen hinauf. Dann sieht man New Yorks andere Skyline. Nicht jene, deren gläserne Fassaden die Wolken kratzen, sondern die verlebte, rostige, deren prägnanten Merkmale die Dachwassertürme sind. Von diesen Türme geht im Kunstprojektes von Natalie Bewernitz und Marek Goldowski, »Unveiled Presence«, alles aus. Die beiden fangen mit ihrem Projekt die Klänge der Stadt um die Mannhatten Bridge herum ein; aufgenommen aus dem Inneren der Wassertürme. Als Vorlage dient Marcel Duchamps Arbeit von 1916, »A Bruit secret«.
In der Artothek in Köln kann man nun eintauchen (sic!) in diese Klangidentität von New York. Bewernitz und Goldowski stellen den urbanen Tönen darüber hinaus eine visuelle Ebene zur Seite: Im Raum verteilte Spiegelschalen symbolisieren die Wassertürme. Auf jeder dieser Schalen befindet sich eine kleine Wasserlache; unter ihnen wiederum ist ein Vibrations-Geber. Die Spiegelfläche wird so zur Membran, die Klänge vermittelt und das Wasser zum schwingen bringt. Lampen bestrahlen diese Fläche, das Wasser reflektiert ihr Licht und sorgt so für eine Projektion an der Wand des Museums, die die Klänge abermals visualisiert und seine Schwingungen darstellt.

Man kann nicht sagen, so und so ist diese Ausstellung. So sieht immer anders aus, hört sich immer anders an. Genau wie eine Stadt. Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt man das Museum betritt und sich zwischen die Spiegelschalen stellt, hört man andere Geräusche. Eine scheinbar niemals endende Komposition aus den Geräuschen der Bewegung des Wassers und fernen Stadtgeräuschen. Es umgibt den Betrachter ein ständiges Rauschen und Raunen, doch es mischen sich fortwährend andere Klang-Nuancen unter. Je nach eigener Stimmung kann deren Herkunft anders gedeutet werden. Ist es ein entferntes Schreien, oder schleift jemand eine Leiter über den Boden? So steht man in Mitten der audiovisuellen Installation und einem fällt auf, dass man genauso gut draußen auf der Straße stehen und ähnliches wahrnehmen könnte. Und vielleicht geht es den Künstlern genau darum: Sie haben sich dem Klang gewidmet und bieten den Betrachtern einen Raum, ebenfalls innezuhalten. Man hört dort Geräusche, die sonst nicht unmittelbar hörbar wären. So wecken Bewernitz und Goldowski unser Bewusstsein und sensibilisieren uns v.a. für jene Geräusche, die uns tatsächlich tagtäglich umgeben. Sie enthüllen etwas, das eigentlich stets präsent ist, meist aber im Verborgenen, hinter unserer Wahrnehmung, zurückbleibt. So könnte man den Titel »Unveiled Presence« deuten, den man mit »enthüllte Gegenwart« (im Sinne von Anwesenheit) übersetzen könnte.
Es ist ein Projekt, das einen nicht vom Hocker haut. Es ist ein Projekt, wegen dem man endlich mal einfach auf dem Hocker sitzen bleibt und wahrnimmt. Die Ausstellung ähnelt der Taube in »Ghost Dog«: Sie zeigt uns durch die Art der Inszenierung, welche Faszination von einem Gegenstand ausgehen kann, der uns an sich gewöhnlich erscheint – sie macht sein verborgenes Wesen sichtbar.