Records Revisited: Pharoahe Monch – Internal Affairs (1999)

19.10.2024
Die Geschichte und der Mythos von Pharoahe Monchs Solodebüt »Internal Affairs« sind untrennbar mit dem legendären Rawkus-Label verbunden, dem Ort, an dem es Ende 1999 das Licht der Welt erblickte und – wenn man so will – zwei Jahre später lebendig begraben wurde.

Pharoahe Monch selbst erweckte das Album 2019 wieder zum Leben, 20 Jahre nach dessen Erst-Veröffentlichung. Sowohl der Erfolg als auch der Untergang des Albums basierten auf der von Pharoahe und seinem inzwischen langjährigen Partner Lee Stone produzierten Lead-Single »Simon Says«, die ein Sample aus dem »Main Title« des Films »Mothra vs. Godzilla« von Akira Ifukube aus dem Jahr 1964 verwendete. Nachdem Pharoahes Freund Busta Rhymes den Track zu Funkmaster Flex und Hot 97 gebracht hatte, wurde der als Club-Banger konzipierte »Simon Says« zum unvermeidlichen Radio- und Sommerhit und infolgedessen zur Verwendung in mehreren Filmen lizenziert. 

Wenig überraschend konnte der Umstand, dass das Sample nicht geklärt wurde, obwohl Pharoahe dem Label die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt hatte, dann nicht länger ignoriert werden. Der Master Owner Toho Music klagte und Rawkus ließ – so heißt es – mehrere potenzielle Gelegenheiten aus, das Sample nachträglich zu klären. Die Folge war, dass die Single und das Album, das die Single enthielt, aus den Plattenläden genommen und alle noch vorhandenen Exemplare vernichtet werden mussten – dies zu einer Zeit, als »Internal Affairs« äußerst gut lief. Vor etwa fünf Jahren machte Pharoahe das Album dann erstmals auf allen Streaming-Diensten über sein eigenes Label verfügbar und veröffentlichte es in Zusammenarbeit mit Fat Beats erneut auch auf Vinyl. 

»Internal Affairs« markiert Pharoahes Übergang von einem Mitglied einer Hip-Hop-Gruppe mit mehreren Rappern, wie sie in den 1980er und 1990er Jahren deutlich verbreiteter waren, zum Solokünstler. Als eine Hälfte der bahnbrechenden Band Organized Konfusion (zusammen mit Prince Po) begann er 1991 Platten zu veröffentlichen, bis sich die Gruppe 1997 nach der Veröffentlichung ihres dritten Albums »The Equinox« auflöste. Der Übergang stellte ihn vor die Herausforderung und zugleich willkommene Chance, Songs ohne festen Partner zu schreiben und zu performen, aber auch mit anderen MCs zusammenzuarbeiten, wofür es zu Organized Konfusion-Zeiten keinen vergleichbaren Raum gab. Für ihn als chronischen Asthmatiker sowohl ein physischer als auch psychischer Test. 

Der Lieblings-Rapper deines Lieblings-Rappers

Ergebnis waren die 15 Tracks von »Internal Affairs«, von denen etwa die Hälfte von Pharoahe Monch selbst produziert oder co-produziert wurde, darunter ein Remix von »Simon Says«. Auf das Intro folgt »Behind Closed Doors«, ein aggressiver Track, der auf einigen tiefen Klavier- und Bläserklängen aus dem Soundtrack eines Sidney-Poitier-Films aus den 1960er Jahren basiert. Pharoahe beginnt mit »What is a scorpion? An animal that stings«, in Anlehnung an Pharoahes Sternzeichen und LL Cool Js »What is a panther? An animal that kills« aus »To Da Break Of Dawn«. 

Natürlich beschränkt sich Pharoahe nicht darauf, eine Zeile eines anderen Typen aus Queens zu adaptieren, sondern bearbeitet insgesamt sechs LL Cool J-Bars am Stück. Vielleicht einer von hunderten Gründen, warum Monch auch oft als »Lieblingsrapper deines Lieblingsrappers« bezeichnet wird – LL Cool J und Eminem erwähnen ihn regelmäßig. Der Track ist ein perfektes Beispiel für Pharoahes fast absurde Liebe zum Detail, seine Nerdtum und seine Lyrik. 

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Als Produzent fügt er ein paar Q-Schnipsel aus einem obskuren Soundtrack ein und bezieht sich damit indirekt auf den ersten schwarzen Schauspieler, der jemals einen Oscar gewonnen hat und gleichzeitig eine starke soziale Stimme war, während er mühelos LL Cool J huldigt, indem er fast eine halbe LL-Strophe an Pharoahes Welt anpasst. Und dabei gelingt ihm musikalisch Großartiges, ein weiterer aggressiver Banger, von denen es auf »Internal Affairs« einige gibt – neben »Simon Says« zum Beispiel »Rape« (»rape« im Sinne von: Pharoahe »dominiert« den Beat) oder »No Mercy« featuring M.O.P, eine frühere Alchemist-Produktion. 

Es gibt jedoch auch wärmere, manchmal fast unbeschwerte Titel wie »Queens«, das auf einem Maxwell-Sample basiert, auf dem Pharoahe über seine Erfahrungen in dem Viertel rappt und singt, in dem er geboren wurde und bis heute lebt. Auch »The Light«, eine von Diamond D produzierte Liebeserklärung an ein Mädchen namens Valerie, und »The Truth«, eine soulige Zusammenarbeit mit dem damaligen Rawkus-Labelkollegen Talib Kweli und Common, ebenfalls von Diamond D. 

Das Wichtigste an »Internal Affairs« ist vielleicht, dass das Album und die sich anschließenden juristischen Turbulenzen (u. a. wegen »Simon Says«), die dazu führten, dass Pharaohe eine Zeit lang keine Musik mehr veröffentlichen konnte, den Grundstein für eine lange und immer noch aktive, inzwischen unabhängige Solokarriere legten. Es bereitete Monch auf die Produktion und Veröffentlichung von bislang vier weiteren Alben vor, allesamt Geschenke an die Menschheit, darunter das 2021 erschienene Album seiner Band th1rt3en mit Schlagzeuger Daru Jones und dem Gitarristen Marcus Machado. Wenn die Welt Glück hat, folgt auf »Internal Affairs« etwa 25 Jahre nach dessen Erstveröffentlichung das bereits angekündigtes »External Affairs«. Sollte es etwas länger dauern, wird es dem Ergebnis und damit der Menschheit sicher nicht schaden.