Wer zur Hölle ist eigentlich Achim Maerz? Seit etwas über einem Jahrzehnt veröffentlicht der Hamburger gelegentliche EPs auf geschmackssicheren Labels wie Wake Up! oder Don’t Be Afraid, die regelmäßig die Grenzen zwischen Dancefloor und anrainenden Genres ausloten – elektronische Musik mit Facetten, Gefühl, gelegentlich auch Wumms. Darin ist viel zu finden, zu ihrem Macher allerdings wenig. Hamburger, Grafikdesigner, Baseballcap-Träger – das ist ungefähr alles, was eine kurze Recherche ergibt. Umso schöner, sich direkt in die Musik vertiefen zu können, was dank seines Quasi-Debütalbums »Relief« auf Freund der Familie, zwölf Jahre nach seiner ersten Single dort, eine ebenso vielschichtige wie schöne Erfahrung ist. Was mit einer dramatischen Synth-Drone-Etüde irgendwie zwischen Jean-Michel Jarre und den Fuck Buttons beginnt, gibt bald den Weg frei für einen tapsenden Techno-Groove, der von melodiösen Elementen umspielt wird, die sehr deutlich an Carl Craigs »At Les« erinnern. Im Verlauf der weiteren sieben Stücke ruft Maerz noch mehr Referenzen auf, schwelgt in Mitt-Nullerjahre-IDM-Klängen, besucht mit Neunziger-Deep-House-Chords bewaffnet eine Achtziger-Disco oder lässt sogar bassgetriebene Rhythmen anklingen, die Anfang der Zehnerjahre in Bristol auf fruchtbaren Boden gefallen wären. Es ist eine beeindruckende Bandbreite von stilistischen Einflüssen, die Maerz sehr konsequent in eigenen Sound überführt. Freundlich, warm, bisweilen leicht melancholisch und trotz aller Retrospektiven im Sound keineswegs nostalgisch. Und so offenbart sich Track für Track dann auch, wer zur Hölle Achim Maerz ist. »Relief« gehört zu den tiefpersönlichen Platten, die auch einem breiten Publikum jede Menge Identifikationsmomente bietet. Eine Seltenheit.

Relief