Review

Aloe Blacc

Lift Your Spirit

Vertigo • 2013

Oktober 2010. In München stehen gut hundert Leute vor einem ehemaligen Kaufhaus. Die Sonne ist längst untergegangen, das ganze Gebäude bietet mit seiner abgegriffenen Atmosphäre eher die passende Bühne für Hardcore und Punk. Dann kommt Aloe Blacc. »I Need A Dollar« läuft noch nicht im Radio rauf und runter, doch trotzdem ist der Laden an diesem Abend ausverkauft. Es wird eines der größten Konzerte, die jemals jemand auf diesem Erdball spielen wird. Zweiundzwanzig Jahre nachdem Motown den Gesetzen des Markts zum Opfer fiel und Universal sich das Label einverleibte, lebt Soul. Die Menschen tanzen. Von der ersten Sekunde an brennt die Luft, die Band spielt für einen kurzen Moment jenes »I Need A Dollar« an und die Leute haben Gänsehaut vor Freude. In diesen Tagen erscheint nun der Nachfolger zu »Good Things« jener Platte, von der man dachte, dass sie die Welt vielleicht wirklich ein kleines Stück besser machen würde. Mit seiner Zusammenarbeit mit Avicii dürfte Aloe Blacc schon genug Leute verwirrt haben. Diese Stimme, die von Liebe und Zusammenarbeit sang, von sozialer Verantwortung und einer Idee von einer besseren Welt, lag auf einmal unter den schlimmsten Bumsbeats, zu denen 15-Jährige bei der Dorfkirmes hinterm Autoscooter zum ersten Mal im Leben eine Brust anfassen. »Wake me up, when it’s all over.« Für die Tonne. »I didn’t know, I was lost.« So schmierig, so vorhersehbar, so phrasig. »Lift Your Spirit«, das dritte Album von Aloe Blacc, fängt genau mit diesem Song an, allerdings in einer akustischen Version. Aber selbst Gitarre und Klavier können nicht verwischen, dass dieser Song einfach nichts kann. Nichts. Dahinter folgen dann zehn Tracks, die ganz nett sind, aber einfach nicht den Charme des Vorgängers haben. Dass Aloe Blacc hier irgendwie keinen einzigen Hit abwirft, geschenkt. Dass diesem Album aber komplett eine Atmosphäre, ein Gefühl fehlt, das macht »Lift Your Spirit« zu einer ziemlichen Enttäuschung. »Wanne Be With You« säuselt sich durch die üblichen Strukturen und Muster, »Can You Do This« schüttelt sich, dreht sich und feiert. Doch dieses Mal steht man nur daneben und fragt sich, was das hier alles soll. Dieses Album ist durchweg eine bittere Enttäuschung. Ich will keinen dieser Songs im Auto lauthals mitsingen. Alles nur ein schlechter Abklatsch, der auf die Charts schielt, der keinen Funk und keine Seele besitzt. An keiner Stelle harmoniert hier irgendetwas. Liebe gibt dieses Album nicht. Liebe kriegt dieses Album nicht. Eine Platte zum Vergessen.