Review

alt-J (∆)

The Dream

Infectious • 2022

Fünf Jahre Dornröschenschlaf haben sich die Briten von alt-J seit ihrem letzten Album gegönnt und samtweich müssen die Kissen gewesen sein, auf denen sie es sich bequem gemacht hatten. Denn ihr viertes Album »The Dream« hört sich ausgeruht an, als hätte das Trio sich alle Sorgenfältchen weggeträumt. Leichtfüßig und ein bisschen high stolpern sie durch die Indie-Single »U&ME« und die bassgetriebene Kryptowährungs-Fantasie »Hard Drive Gold« und machen vor allem erst mal eins: Spaß. Joe Newman quäkt dabei quickfidel wie eh und je – eines der unverkennbaren Merkmale der Band. Doch alt-J wären eben auch nicht alt-J, würde die Utopie nicht doch immer wieder zum Albtraum werden. »The Actor« gibt sich sanft, aber kokst sich umso unerbittlicher in den Tod. Die Gitarrenballade »Get Better« weiß eigentlich selbst, dass es keine vollständige Heilung gibt. Und »Chicago« gibt sich mit seinen stumpfen Drums einer düsteren Electro-Vision hin, die erst durch das verträumte Piano sowas wie Erlösung erfährt. »The Dream« mag den einmaligen Überraschungseffekt des zehn Jahre alten Debütalbums »An Awesome Wave« nicht mehr auf seiner Seite haben, doch wer denkt, alt-J hätten ihren Sound nach dem ernüchternden Vorgängeralbum »Relaxer« durchgespielt, wird ein Erweckungserlebnis haben. Album Nummer vier gaukelt Gradlinigkeit vor, nur um doch immer noch einen Gang zum Soundlabyrinth hinzuzufügen, in dem man Spielereien und Popkulturreferenzen findet und liebend gerne verloren geht. Irgendwo dort zwischen den Dornenbüschen und Brombeeren haben sich die drei Musiker vermutlich die letzten Jahre versteckt. Ein Glück sind sie jetzt wieder da, ganz egal was auch immer sie wachgeküsst hat.