Review

Bokaye

Ethno Groove

Emotional Rescue • 1994

Auch wenn gewisse Elemente der Neunziger derzeit vor allem modisch präsent sind, bedeutet dies zumindest im musikalischen Kontext nicht automatisch »Nostalgie« oder »Retro«. Vielmehr ist es den beiden Italienern Pippo Landro und Sergio Pisano unter ihrem Alias Bokaye gelungen, einen zeitlosen »Ethno-Groove« zu collagieren, der vor allem durch seine Clubtauglichkeit punktet, was die zahlreichen Kommentare und letztlich die hohe Nachfrage auf diversen Online-Plattformen bestätigen. Umso besser, dass es mit Emotional Rescue ein Label gibt, das dafür sorgt, dass diese längst vergriffene Maxi-Single aus den Jahren 1990/94 noch einmal sicher und sauber in die Gegenwart transformiert wird. Viermal derselbe Track mit jeweils unterschiedlichen Mixvarianten bzw. Versionen, die stilistisch von New Age über Balearic bis hin zu Tribal und schließlich Deep House reichen. Die Sounds erinnern durch die samplebasierte, collagenartige Produktion gelegentlich an einige Solowerke von Holger Czukay (Can) wie »Persian Love«, zu finden auf seinem Album »Movies« von 1979. Mehr als ein Jahrzehnt später bot die Sampletechnik natürlich einen deutlich erweiterten Spielraum, den Bokaye gekonnt zu nutzen wusste. Puzzleteile aus dem Ethno-Folk verschiedenster Länder kommen zum Einsatz, so trifft etwa eine indische Sitar auf nordafrikanische Vocals. Der Groove rollt mit Afro-Percussion, der Beat hüpft mit der elektrifizierten Urgewalt allseits bekannter Drum-Computer; und plötzlich taucht eine Panflöte aus Südamerika auf. Doch der kurze Flötenzauber wird von den Deephouse-»Clap-Klatsch-Bouncern« schnell wieder in seine Schranken verwiesen. Ein Hauch von Acid darf natürlich nicht fehlen, wenn man sich speziell auf das Produktionsjahr 1994 konzentriert. Zwischen Saz, Sitar, Drum-Programming und reichlich Samples bleibt dennoch genügend Raum für verträumte Balearic-Szenen.