Review

Craig Leon

Anthology of Interplanetary Folk Music Vol. 1: Nommos / Visiting

RVNG Intl. • 2014

Wer ist Craig Leon? Die Liste der Alben, an denen Craig Leon als Produzent beteiligt war, würde eigentlich schon genügen, um seinen Platz in der Musikgeschichte zu sichern: die ersten Platten der Ramones, von Blondie, Suicide oder Richard Hell & The Voidoids sind darunter. Auch an der Entdeckung der Talking Heads war Leon beteiligt, lange bevor Brian Eno mit ihnen zu arbeiten begann. Als Produzent kann er für sich daher in Anspruch nehmen, sowohl die Anfänge von Punk als auch von Post-Punk mitgestaltet zu haben. In seiner eigenen Musik – hier gibt es eine weitere Parallele zu Brian Eno – interessierte sich Leon weniger für brachiale Gitarrenriffs als für außerweltliche Synthesizerklänge. Sein Album »Nommos« wurde von einer Ausstellung mit malischen Skulpturen inspiriert, die Besucher aus dem All darstellen sollten. Leon verknüpft dazu kosmische Ambient-Klangwolken mit tribalistischer elektronischer Perkussion, die seine Musik von jeglichem Kitschverdacht befreit. »Visiting« setzt das Konzept von »Nommos« fort und erweitert die Palette in Stücken wie »Region of Fleeing Civilians« um Synthpop-Arpeggien, die Krautrock-Anleihen erkennen lassen. Leon gelingt es dabei stets, das Alien-Element in seinem Elektronik-Entwurf überzeugend in fremdartige Musik zu übersetzen. Dass RVNG Intl. beide Alben jetzt als »Anthology of Interplanetary Folk Music« zusammen herausbringt, ist nicht nur stimmig, sondern auch sehr zu begrüßen.