So ist Europa heute, selbst wenn Abschottung gerade wieder Konjunktur hat: Cucina Povera heißt das Soloprojekt der in Glasgow lebenden finnischen Musikerin mit dem italienischen Namen Maria Rossi. Auch cucina povera ist italienisch, bedeutet »arme Küche«, denn viele traditionelle Rezepte aus den einzelnen Regionen des Landes sind einfach (wie Spaghetti al limone, zu denen man neben den genannten beiden Zutaten im Grunde bloß noch Öl und Parmesan braucht). Ähnlich einfach-spartanisch gestaltet Maria Rossi ihre Musik. Neben ihrem Gesang scheint lediglich ihr Computer zum Einsatz zu kommen. Folkloristisch wirken die Melodien, auf Finnisch vorgetragen, zu denen ihr mitunter ein elektronischer Drone als Begleitung genügt. Schlicht und nahezu schmucklos im Klang, dazu offen und leicht hallig im Arrangement, entsteht daraus oft eine Weite, die sich nach Bedarf bei Hören selbst füllen lässt. Tatsächlich trägt ihr reduzierter Ansatz fast die gesamte Platte. Wenn sie von der Formel abweicht, wie in »Polyton Nurkka«, in der eine Art simulierte verzerrte elektrische Gitarre den Bass gibt, während ein klingelnder Synthesizer im Hintergrund die ebenfalls stark nach hinten gemischte Stimme unterstützt, hat das hingegen etwas leicht Bemühtes. Auch die kreiselnden Arpeggien im abschließenden »Jolkottelureitti« kommen aller kosmischen Ambitionen zum Trotz nicht recht vom Fleck. Die rätselhafte Schönheit von »Tyyni« schmälert das kaum.
Tyyni