Obwohl ich in jungen Jahren selbst mal in einer Band gespielt habe, die man grob als Rock/Rap-Crossover beschreiben könnte – und obwohl ich mich grundsätzlich als ziemlich offenen Musikhörer bezeichnen würde –, war Nu Metal immer schon mein Hassgenre. Eine Rockband sollte schlichtweg keinen DJ haben, wenn man mich fragt. Das darf einfach nicht sein! Sorry, geht gegen niemanden persönlich, doch: Linkin Park waren früher meine Erzfeinde; Limp Bizkit sind für mich als Allerletzte; von Korn will ich gar nicht erst anfangen. Deftones lehnten diese Genrebezeichnung zwar früh ab, gehörten (zumindest in den Neunzigern) aber eindeutig zu dieser Welle – und waren mit großem Abstand der beste Act inmitten von sonst sehr grausamen Schrottbands.
Nu Metal passt bei dieser Gruppe aber nur bedingt. Spätestens mit ihrem großartigen Drittwerk White Pony wurden Deftones eher zu einer »vibigen« Alternative-Rock-Band mit einem gewissen Hang zum Metal. Damit kann ich eigentlich nichts anfangen – ist mir oft zu Rock-am-Ring-mäßig –, doch private music, das zehnte Album von Deftones, gefällt mir wieder sehr gut. Warum kann ich dieser Band einen Song namens »metal dream« verzeihen, in dem neben breitbeinigen Gitarrenriffs auch angedeutete Rap-Passagen auftauchen?
Weil das Ganze immer noch eher wie The Smashing Pumpkins als wie Bring Me The Horizon funktioniert. Ein Glück! Chino Moreno ist ein herausragender, vor allem eleganter Sänger; die Instrumentierung ist zwar drückend und muskulös, hat jedoch einen großen Shoegaze-Anteil. Dadurch wird der Sound stets in mehrere Richtungen gezogen, ist ebenso hart wie zärtlich – und durchgehend originell.
Wirklich weg war diese Band nie, doch weil Deftones gerade einen Hype-Moment erleben, fühlt sich private music wie ein Comeback-Album an. Dass die Begeisterung gerade so groß ist, liegt vor allem daran, dass ihr typischer Sound momentan omnipräsent ist: Ihr Einfluss ist in Turnstile spürbar, in der Ästhetik vieler Shoegaze-Revival-Bands, sogar im ultrapopulären Album Romance von Fontaines D.C. kann man Elemente ihres Sounds heraushören. Ich sehe aktuell extrem viele Leute mit Deftones-Shirts. Echt auffällig! Diese Band hat das jedenfalls verdient, finde ich.
Ein Deftones-Shirt würde ich trotzdem nicht tragen…

Private Music Clear Vinyl Edition