Review

Die Höchste Eisenbahn

Ich Glaub Dir Alles

Tapete • 2019

Mit ihrem dritten Studioalbum »Ich Glaub Dir Alles« schlägt Die Höchste Eisenbahn neue Wege ein. Irgendwie aber auch nicht. Die ersten beiden Platten produzierte das einstige Singer-Songwriter-Projekt von Moritz Krämer und Francesco Wilking noch selbst. Diesmal vertrauten sie sich dem Platinproduzenten Moses Schneider an. Glatt polierten Pop à la AnnenMayKantereit der Indie sein möchte, deshalb aber nur noch nervt, müssen Fans der ersten Stunden nicht befürchten. Im Gegenteil: Von Geigen geschwängerten Melancholie-Bombast wie noch auf »Wer bringt mich jetzt zu den Anderen« hat das Quartett sogar zurückgeschraubt. Stattdessen klingt die Platte wie eine Studiosession morgens um fünf. Genau die Tageszeit, in der die letzte Bierflasche fair aufgeteilt und das schrägste, aber auch schönste Kompliment des Abends ausgesprochen wird: »Du bist kindisch, gut, dass man dich lässt«. Krämer und Wilking teilen sich den Gesang – nicht nur pro Strophe, manchmal auch pro Zeile. Dadurch klingen die Texte wie ein Dialog, der gleichermaßen freundschaftlich und kauzig wirkt. Musikalisch wendet sich die Band verstärkt elektronischen Klängen zu. Stücke wie »Enttäuscht« und »Derjenige« degradieren die Gitarre sogar zum Nebendarsteller. Trotz aller Spielereien und Neuentwicklungen lässt Die Höchste Eisenbahn aber auch auf »Ich glaub dir alles« nicht vergessen, dass sie auf unspektakulär schönen Indiepop setzt.