Eiko Ishibashi ist eine produktive und genauso wandelbare Künstlerin. Auf Drag City hat sie als Sängerin und Songwriterin jazzigen Pop veröffentlicht, aber auch mit Noise-Legenden wie K2 oder Merzbow Krach gemacht. Auch kollaboriert sie regelmäßig mit Vollzeit-Weirdo Jim O’Rourke und veröffentlicht über ihre Bandcamp-Seite abstruse Experimente oder Auftragsarbeiten aller Art. »Hyakki Yagyō« ist ihr erstes Solo-Studioalbum, seit sie mit dem poetisch betitelten »The Dream My Bones Dream« auf Drag City melancholischen Piano-Pop ablieferte, und größer könnte der musikalische Kontrast kaum sein, obwohl auch dieses Album wie sein Vorgänger sich mit Aspekten der japanischen Geschichte auseinandersetzt. Getan wird dies allerdings nicht im radiofreundlichen Songformat, sondern mit zwei langen Klangcollagen, die jeweils auf die 20 Minuten zugehen. Wo zugehen kaum das richtige Wort scheint, denn vielmehr driften die beiden Stücke von einem Klangereignis zum nächsten Moment der Verdichtung. Das klingt nicht selten gespenstisch und soll das auch: »Hyakki Yagyō« entstand im Rahmen einer Ausstellung zu übernatürlichen Narrativen in Japan, Geistergeschichten, die mit Flöten- und Streichertönen angedeutet werden, welche mit Synthie-Geblubber, Wassergeplätscher und elektroakustischen Effekten in einen disparaten Dialog eintreten, der immer wieder von geflüsterten, gedoppelten Gedichtzeilen aus dem 15. Jahrhundert zusammengehalten werden: »Der Frühling nistet in der Morgendämmerung / Der Sommer zerfließt in Phantome«. Ein evokatives Motto von seltsamer Schönheit und damit programmatisch für ein Album, das wunderbar-wunderliche Sounds in fließende Bewegung bringt.
Hyakki Yagyo