Wenn der auf Hochglanz polierte Düster-Techno eines Dave Sumners (Function) auf den kratzig-militantischen Industrial-Entwurf von Dominick Fernow (Vatican Shadow) trifft, ergibt sich eine Menge Reibungspotenzial. Es eröffnen sich jedoch ebenso viele Möglichkeiten. Allein schon in Sachen Produktivität könnten die beiden US-Amerikaner kaum unterschiedlicher sein: Der New Yorker Sumner begann Ende der achtziger Jahre in New York als House-Produzent und lässt sich gerne Zeit: Fast zwei Jahrzehnte dauerte es, bis er unter seinem Techno-Pseudonym Function ein Debütalbum veröffentlich. Dominick Fernow, Inhaber des Labels Hospital Productions, hingegen produzierte nach gut 15 Jahren als Noise-Musiker unter Namen wie Prurient in den letzten drei Jahren über 30 Releases als Vatican Shadow. Auf »Games Have Rules« treffen sich der perfektionistische Dave Sumner und der chaotische Dominick Fernow in einer der zahlreichen denkbaren Mitten und verschmelzen sphärische Klangflächen mit dezenten Rhythmen. Wie nicht anders zu erwarten fällt der gemeinsame, zwischen New York und Berlin entstandene Ambiententwurf nicht allzu fröhlich aus, sondern zirkuliert mit modrigen Sounds um ein dumpfes Katergefühl. Im Laufe der Zeit jedoch schälen sich die Beats aus der vierzigminütigen Comedown-Hymne an die US-amerikanische Millionenstadt, mit der Function und Vatican Shadow so eng verbunden sind. Ihre wortlose New York-Hommage versteht sich als Spiegel für die endlosen Möglichkeiten dieser Stadt, vor allem aber bedeutet »Games Have Rules« für beide einen Schritt aus der eigenen Sicherheitszone: Functions detailliertes Sounddesign stützt sich nicht auf eine ausgeklügelte Architektur, sondern fließt frei dahin, während Vatican Shadow seine übliche Kratzbürstigkeit zurückschrauben muss. Das Ergebnis ist ein dichtes, atmosphärisches Album, das aber noch viel Potenzial ungenutzt lässt.
Function
Existenz
Tresor