Review

Gold Roger

Räuberleiter

Melting Pot Music • 2015

Da rutscht 2014 ein Niemand namens Gold Roger auf den letzten Drücker ins Battleturnier #MOT, wandert als umjubelter Sieger auf die Splash!-Bühne und von dort aus quasi direkt zu Melting Pot Music, um nur ein Jahr später zu den spannendsten Newcomern im Deutschrap zu zählen. Manche nennen so etwas ein Pop-Märchen. Doch sein Debüt »Räuberleiter«, das der bescheidene Dortmunder als Mixtape bezeichnet, ist nicht nur deswegen großartig. Sondern auch, weil es jeder zeitgeistigen Anbiederung entsagt und sich trotzdem so nahe am Puls seiner Generation entlangtastet, dass Ballonherzen quasi im Sekundentakt platzen. Es wirkt fast naiv, wie Gold Roger in wohliger Wohnzimmer-Soundkulisse aus organischem Sample-Beats die Rapalbum-Klischee-Liste abarbeitet und trotzdem unterhält. Auf den klassischen Coming-Of-Age-Track (»Blätter im Herbst«) folgt der Anti-Nazi-Song (»Yunus«) und die Kopf-Hoch-Hymne (»Huglife«). Doch verfängt sich Roger nicht im aufgesetztem Weltschmerz, sondern kombiniert musikalische Delivery und sogar Migos-Flows mit einer so grundsympatischen Nahbarkeit in seinen Lyrics, dass raffinierte Musikjournalisten hier den deutschen Fashawn finden könnten. »Bring was zu Kiffen mit, ‘ne Kiste Pils und ‘nen dicken Film/Und dann leg dich bequem hin, erzähl aus deinem Leben« – Hippietum in unpeinlich. »Räuberleiter« ist eine Sentenz aus Humor, Hunger, Melancholie, Kunst und Technik. Ein Debüt wie man es selten zu hören kriegt und zudem vermutlich das beste Intro der jüngeren Deutschrap-Story enthält. Die ewige Diskussion, ob Video-Battles als Talentschmiede oder doch als Untergang des Abendlandes einzuordnen sind, hat sich mit dieser LP hoffentlich erledigt. Ob ein qualitativer Unterschied zwischen Mixtape und Album liegt, übrigens auch.