Review

IAM

Arts Martiens

Def Jam • 2013

Spricht man über französischen Rap, kommt man an IAM nicht vorbei. Klar, so richtig auf dem internationalen Rap-Parkett wurde Frankreich durch MC Solaar und in den Nullerjahren durch die Saian Supa Crew platziert. Die stetigste und qualitativ hochwertigste Formation kam jedoch nie aus dem Zentrum Frankreichs, sondern dem kulturellen Mittelmeer-Schmelztiegel Marseille. Als Söhne vorrangig afrikanischer Immigrantenfamilien hatten sie seit 1989 einen sehr eigenständigen Rap-Sound entwickelt, der stark auf orientalische sowie nordafrikanische Referenzen zurück griff und regelrecht cineastische Großwerke erschuf. Nach sechs Jahren Pause kehren IAM nun mit ihrem sechsten Album zurück. »Arts Martiens« scheint dabei im Zeichen des nach Akhenaton zweiten MCs und Kampfsportlers Shurik’N zu stehen. Denn auf ihrem sechsten Album entfernen sich IAM weiter von der orientalisch-ägyptischen Referenzwelt und verorten sich stärker im fernen Osten. Das zeigen nicht nur das Cover und eine Menge Klangfetzen, sondern auch textliche Referenzen, wie zum Beispiel im Titel »Benkei et Minamoto«, einer japanischen Folklore über Loyalität und Antihelden im Kampf gegen eine übermächtige Armee. Letztere stellt für IAM nicht nur die französisch-elitäre, alltagsrassistische Gesellschaft da, gegen die sie sich als Immigrantenfamilien behaupten müssen. Für Akhenaton und Shurik’N, die mittlerweile bereits in den Mitvierzigern kreisen, ist das auch die hedonistische Welt einer generationsübergreifend angepassten Rap-Welt, die nicht über Facebook-Status-Raps und Selbstvermarktungs-Strategien hinweg kommen. Trotz der textlichen Poesie und Relevanz der beiden MCs lässt »Arts Martiens« dennoch streckenweise selbiges in der Musik vermissen. Die cineastischen Soundtrack-Samples der Vergangenheit sind (womöglich aus Copyright-Gründen) größtenteils Synthesizer-Spuren gewichen, die immer ein wenig plastisch klingen. Dieser Tiefenverlust, der bereits auf »Saison 5« anklang, nimmt »Arts Martiens« in der Endkonsequenz den Druck, den das Album im Jahre 2013 gebraucht hätte.

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IAM
Arts Martiens
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