Zu Unrecht verpönte Dinge: Chansons und Langeweile. Ein Glück, dass sich mit Jarvis Cocker ein gestandener Künstler diesen Dingen annimmt. Denn der 58-jährige Brite liefert mit seinen »Chansons d’Ennui Tip-Top« seinen Teil zu Wes Andersons neuem Film »The French Dispatch« – darin taucht die Figur Tip Top auf, die den Song »Aline« interpretiert. Und eben von Jarvis Cocker gespielt wird, der zuvor wichtige Figur des Britpop mit seiner Band Pulp in den Neunzigerjahren war. Seine Rolle scheint dem Briten so gefallen zu haben, dass mit dieser Platte nun zwölf Cover von französischen Popsongs folgen. Der Titel deutet es bereits an, dass Cocker hier die Langeweile auf doppelten Boden schickt. Denn selbstverständlich ist dieses Album langweilig durch und durch – in dem Sinne, dass es die Gedanken auf Reisen trägt und nicht alle drei Sekunden Melodie oder Rhythmus nach oben zieht, um nochmal für Aufmerksamkeit zu sorgen. Jarvis Cocker gefällt in der Rolle des Tip Top und füllt mit Details die Songs wunderbar aus. In »Paroles Paroles« sind es Piano und Drums, die durch traumwandlerische vier Minuten führen. (Inklusive Lætitia Sadier von Stereolab als das passendste aller passenden Features für diesen Song.) Dass Cocker dann auch Stücke wie »Mon Ami La Rose« nie in die Ironie rutschen, macht die Qualität des Sounds aus, der seine Stimme so perfekt trägt. Ist das alles Nostalgie? Ein großes Schmachten? An keiner Stelle. Es ist genau das, was es ist: ein Album mit Chansons, die Jarvis Cocker mit sehr viel Liebe und Freude interpretiert. Inklusive guter Langeweile fürs Tagträumen. Unanständig inspiriert und inspirierend unanständig. Und vielleicht klang Popmusik dieses Jahr noch nie so überraschend wie auf »Chansons d’Ennui Tip-Top«.
Chansons D'Ennui Tip-Top