Hotelzimmer sind schon seltsam; einerseits stellen sie Sehnsuchtsorte voller Glamour und Exzess dar, anderseits sind sie standardisierte, unpersönliche Räume für einsame und langweilige Geschäftsreisen. Jarvis Cocker spürte auf der letzten US-Tour seiner Band Pulp der ersten Deutung nach, als er im titelgebenden Zimmer Nr. 29 des Hotel Château Marmont einquartiert war. Da auch ein Piano im Zimmer stand, fragte er sich, welche Geschichten es seit der Hoteleröffnung 1929 zu erzählen hätten. Die eng mit der Filmindustrie Hollywoods verbundenen Anekdoten über Jean Harlow, Howard Hughes oder Gangsterboss Mickey Cohen, die Cocker daraufhin recherchierte, bilden den Ausgangspunkt für die langjährige Zusammenarbeit mit Chilly Gonzales sowie den inhaltlichen Rumpf des in Paris aufgenommenen Liederzyklus. Konzipiert als multi-medialer Musikabend auf Kampnagel in Hamburg kommen die 16 sehr atmosphärischen, reduzierten und heimeligen Stücke auch vollkommen ohne visuelles Beiwerk aus. Cocker singt dem Hörenden im Flüsterton direkt ins Ohr – als würde er tatsächlich neben einem auf dem Hotelzimmerbett sitzen. Chilly Gonzales komponiert dazu meist minimale Kammermusik mit einigen orchestralen Kontrapunkten und bombastischen Outros. Dazu findet sich auch das ältere Stück »Armellodie« vom ersten Solo-Piano-Album als »Clara« nun mit Gesang auf »Room 29« wieder. Den goldenen Zeiten Hollywoods nostalgisch nachzutrauern, klang noch nie so passend.
Room 29