Review Rock

Jim Butler (Hg.)

LCD Soundsystem (A Disco Pogo Tribute)

Disco Pogo • 2025

Zeitgeisterhellend und gleichzeitig ein Produkt eben dieses: LCD Soundsystem. Immer noch aktiv und florierend, hat die Band aus New York bereits eine reiche Geschichte hinter sich. 2001 DFA Records gegründet, mit »Losing My Edge« (2002) einen historischen Hit gelandet, einige Höhepunkte bis zur erstmaligen Auflösung 2011 erlebt, Reunion 2016. LCD Soundsystem wurden so zu Chronist:innen einer Generation, deren Sound von der Jahrtausendwende bis in die Gegenwart reicht.

In dem neuen Buch A Disco Pogo Tribute – LCD Soundsystem wird diese Geschichte aufgeschlüsselt. Anders als in herkömmlichen Biografien verzichtet das Buch – wie schon der Tribute zu Aphex Twin (2024) – auf eine geradlinige Erzählung und arbeitet den Zeitgeist vielmehr im Stil eines Oral-History-Books auf. Eine Mischung aus Textproben, Timeline, Essays und Originalartikeln löst hier mehrere Jahrzehnte Musikgeschichte in verdauliche Einheiten auf, die jeden LCD-Soundsystem-Fan (und alle, die es noch werden wollen) begeistern dürfte. Das Ganze ist nicht nur ein Porträt der Band, sondern vor allem eine Zeichnung der Zeit in all ihrer Buntheit – eine Collage, die nostalgisch und musikjournalistisch eine Szene reflektiert, ohne akademisch zu werden, aber mit ebenso viel Detailversessenheit.

Von den Anfängen in der Plant Bar in Alphabet City, die zu einem Knotenpunkt für Figuren wie Marcus Lambkin (Shit Robot), Dominique Keegan, Tim Goldsworthy, aber auch Miss Kittin, The Rapture, Metro Area und Le Tigre wurde, über das Spannungsverhältnis zwischen Rock und Clubkultur bis hin zur post-9/11-geprägten Stimmung einer Generation, für die Feiern eine Form von Resilienz war, spannt das Buch den Bogen zu den Bedingungen, unter denen sich eine Band wie LCD Soundsystem in kleinen Bars und Studios selbst erfand.

Mitten im Generationenwechsel zwischen der 1990er-Club-Ära und dem bereits einsetzenden digital vernetzten 2000er-Popverständnis wird LCD Soundsystems Wille zu Authentizität und Selbstironie zur Überlebensstrategie in einer post-analogen Musikkultur. Dabei wird auch Frontfigur James Murphy als menschliche Projektionsfläche und als Künstlerfigur mit all ihren Schattenseiten (Workaholic, Kontrollfreak) gewürdigt. Besonders spannend ist, wie das Buch durch diese Kontextualisierung in einer Zeit, in der Musik völlig neu gedacht wurde, bereits das Streaming-Zeitalter antizipiert – eines, in dem Musikgeschichte nicht mehr nur wenigen Kenner:innen, sondern der Allgemeinheit »gehört«.

Das Schöne an diesem Oral-History-Format ist zudem, dass die Protagonist:innen des Buchs nicht nur über die Band sprechen, sondern auch über ihre eigene Rolle innerhalb dieser Geschichte. Natürlich kann man fragen, wie viel davon vielleicht dazugedacht oder interpretiert ist. Doch gerade diese subjektive Vielstimmigkeit macht den Reiz der Lektüre aus.

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