Es ist schon interessant, dass sich so viele elektronische MusikerInnen irgendwann dem Jazz zuwenden. Auf den ersten Blick scheint es doch kaum konträrere Genres als Techno und Jazz zu geben. Das eine verschreibt sich ganz dem Beat und fixen Strukturen, das andere basiert auf dem Zusammenspiel verschiedener Stimmen in Echtzeit. Was ihnen aber gemein ist, das ist die Energie. Jimi Tenor bewegt sich schon seit Jahren in beiden Welten, hat aus dem Industrial kommend auf Warp veröffentlicht und mit »Take Me Baby« einen grinsenden Knicklicht-Rave-Hit geschrieben, wandte sich aber ab Mitte der Neunziger mit seinem eigenen Label Puu und mit mehreren Releases dem Jazz zu. Für »Mysterium Magnum« hat sich Tenor mit UMO zusammengetan, einem finnischen Big Band-Orchester, das sich aus dem nationalen Radio-Tanzorchester bezieht. Das macht ziemlich Druck. Der hitzige Jazz Fusion-Sound der zwölf Stücke auf »Mysterium Magnum« erinnert mit seinen energetischen, Latin-lastigen Rhythmen zwar hier und dort an das Mahavishnu Orchestra, vereinzelt an sanften Modal-Jazz nach einer kind of Miles Davis-Blaupause oder klassische Big-Band-Sounds. Allerdings zieht sich ein roter Faden durch das Album, welcher den Kompositionen Tenors einen eigenwilligen Charakter verleiht: Der Einsatz eines russischen Synthesizers, der immer wieder mit dem rohen Live-Feeling des Orchestersounds bricht. Es gibt Moment von avantgardistisch anmutendem Soundscaping, quietschige Soli stören tanzbare Standard-Rhythmen und auch sonst wirkt das Instrument wie ein einziger Fremdkörper. Einer jedoch, der weitestgehend kohärent von Tenor in die Gesamtästhetik der Platte integriert wird und deshalb seine volle Wirkung entfaltet. Die klanglichen Widersprüche, die »Mysterium Magnum« durchspielt, sie fangen letztlich des Finnen eigenen Werdegang auf: Vermeintlich Konträres findet dort zusammen. Im besten Fall ergänzen sich zwei Welten und schaffen einen neuen Kosmos, in welchen sich das im Titel angesprochene große Mysterium frei entfalten kann.
Mysterium Magnum