Review

Kishi Bashi

Sonderlust

Joyful Noise • 2016

Jeder Mensch hat wahrscheinlich eine eigene Strategie, wie er auf eine Lebens- oder Sinnkrise reagiert: Psychoanalyse, neue Partnersuche oder ein rotes Porsche Cabrio sind da nur beliebte Beispiele. Der Violinenvirtuose Kaoru Ishibashi versucht auf seinem dritten Album »Sonderlust« seinen sehr persönlichen Kampf um den Erhalt seiner Ehe künstlerisch aufzuarbeiten. Zu sehr persönlichen Texten, die trotz ihrer inhaltlichen Schwere auf optimistische Melodien und oftmals gar tanzbare Rhythmen treffen, verzichtet Kishi Bashi abgesehen von einigen verzierenden Loops und Intros fast komplett auf sein Hauptinstrument. Damit opfert er einen nicht geringen Teil seines bisher typischen Sounds für den unbedingten Willen zum Popappeal. Zwischen MGMT, Animal Collective und Steely Dan könnte man »Sonderlust« ansiedeln. Synth-Pop mit gehörig Falsetto für die nächste Indie-Disco dominiert das Album, doch auch die retrofuturistische »Ode To My Next Life« mit ruppigem Break und direkt danach das abgehangene »Who’d You Kill« mit Rhodes und zuckrigen Streichern haben seinen festen Platz. Letztlich hat Ishibashi die Trennung nach stolzen 13 Jahren nicht verhindern können, doch mit dieser gelungenen (Selbst-)Befragung hat zumindest die Hörerschaft etwas davon, indem sie Kishi Bashi von einer etwas anderen Seite kennen lernt.