Review

Lee Ranaldo

Electric Trim

Mute • 2017

Bei Sonic Youth stand Lee Ranaldo stets im Schatten von Thurston Moore und Kim Gordon. Nach deren Trennung und dem Ende der Band spielt sich Lee Ranaldo nach zwei ebenfalls gelungenen Werken mit Soloalbum Nummer drei nun so richtig frei. Experimentierfreudig und risikoreich arbeitet er auf »Electric Trim« zum ersten Mal mit Samples und elektronischen Beats, schrieb sechs der neun Texte zusammen mit dem Schriftsteller Jonathan Lethem (»Die Festung der Einsamkeit«) und holte sich unter anderem Sharon Van Etten als Unterstützung ins Studio. Ruhigere Cues aus Folk und Country bilden häufig den Ausgangspunkt, von dem aus mal ein elektronischer Zwischenteil überrascht (»Lets Start Again«), dann wieder ein mäandernder Strom wie in »Thrown Over The Water« entsteht. Der straighte Beat von »Uncle Sceleton« reibt sich wunderbar mit Lee Ranaldos erstaunlich frischer Stimme, die »Electric Trim« sogar einige erhebende Gesangsmelodien und Pop-Momente verschafft. »Last Looks« kann man als Paradebeispiel heranziehen, dass er sich gerade nicht an all seinen Ambitionen verhebt, stattdessen seine musikalischen Grenzen weiter pusht. Das Stück beginnt als sanfte Slow-Dance-Ballade bis eine Trommel einsetzt, zu der Ranaldo beinahe rappt, nur um sich schließlich zum krachigen Rocker mit seinen typischen, schon aus Sonic-Youth-Zeiten bekannten Gitarrenläufen zu entwickeln. Nichts also mit müdem Alterswerk.