Review

Mary Halvorson

Cloudward

Nonesuch • 2024

Spätestens jetzt ist die Gitarristin Mary Halvorson dort angekommen, wo man von Stars spricht. Zählte sie bis vor wenigen Jahren noch zu den Namen, die fielen, wenn es um Musiker ging, die man unbedingt kennenlernen sollte, ohne dass vorausgesetzt werden konnte, dass sie bekannt waren, hat sich die Wahrscheinlichkeit bei ihr inzwischen deutlich erhöht. Zu Mary Halvorsons Stil gehört eine auf den ersten Blick zurückhaltende Spielweise, die sogar konventionell wirken könnte, doch das dauert bei ihr nie allzu lang. Irgendwann kommen diese glitch-artigen Glissandi hinzu, mit denen ihre Melodien unkontrolliert wegzurutschen scheinen, hinzu, und Weisen, die zunächst schlicht und elegant beginnen, können sich im Lauf eines Stücks unversehens in ihre Bestandteile aufzulösen beginnen, ohne dass sie es zum vollständigen Chaos kommen lässt. Halvorson schleicht sich eher an ihre Töne heran, um sie in einem unerwarteten Moment zu attackieren. Nicht um sie zu zerstören, sondern wie um zu verdeutlichen, dass zur Arbeit am Material immer ein wenig Gewalt gehört. Die Frequenzen schwingen ja nicht von selbst, sondern müssen dem Willen der Komponistin gehorchen. Auf »Cloudward« gelingt ihr das auf eine Weise, die das Freundlich-Sanfte mit dem Ruckartigen ausbalanciert, die so raffiniert das scheinbar Konventionelle mit der Halvorson eigenen Schrägheit kombiniert, dass es klingt, als ginge es gar nicht anders. Schönheit mit Knacks, der in dieser Schönheit aufgehoben ist.