Für so manch ein Genie ist Musik machen ja eine Leichtigkeit, es schwebt ihnen zu. Für andere jedoch ist jede Note, jeder Schlag eine reine Zerreißprobe, man kämpft um jede Etappe. Da heißt es nur dranbleiben und Willenskraft beweisen. Mind over matter also. Wie das genau bei Jaime Fennely aussieht, das wissen wir leider nicht. Gemessen an der Regelmäßigkeit des Veröffentlichungsrhythmus, der stets eine neue Platte (die sechste in sechs Jahren) bereithält, scheint auch er getragen zu sein von Ideen und Schaffenskraft. Mind Over Mirrors wie dieses Projekt Fennelys heißt, ist dabei sonst recht inkonstant. Jede neue Platte stellt einen neuen Entwicklungsstand dar, eine neue Phase, eine neue Evolution des eigenen Künstlerdaseins und dessen Output. Abgesehen von einigen Konstanten – dronige Flächen, das Harmonium – ist dann auch alles immer anders. Als Mind over Mirrors das erste Mal auf der Tanz- bzw. Bildfläche aufgetaucht ist, so bestand seine Musik zu großen Teilen aus einer kohärenten Mischung aus Drones und Minimal Music. Das pedalbetriebene Tasteninstrument steht da als »Drone-Klavier« gerade recht zu Gesicht. Der Luftpumpmodus lässt immerhin schon von Natur aus ein gewissen Dröhnen zu. Diesmal geht es viel um diese Flächen, aber auch um die Möglichkeit, sich selbst in einen Bandkontext zu übersetzen. Seit jeher ein Soloprojekt, muss man nun wirklich von miteinander kommunizierende Musikanten reden. Wer hätte das gedacht?! Gerade das Schlagzeug, das sich den Songs immer unterwirft, hinterlässt bleibenden Eindruck. Die neue Struktur mag man aber ganz sicher genießen. Dazu gesellen sich noch Jim Becker von Califone und vor allen Dingen Jacky Lynn aka Circuit des Yeux aka Haley Fohr. Wo Qualität draufsteht ist auch welche drin. Gemeinsam schafft man es eine Art Space-Folk zu installieren, der zwischen Messe und Volksmythe changiert, zwischen Experimental und Prog; in Deutschland würde man sicher Kraut sagen und damit die Zauberhaftigkeit schon wieder unterschlagen.
Undying Color