Anstatt auf seine unverkennbaren Klangsignaturen zurückzugreifen, eröffnet Mulatu Astatke sein erstes Studioalbum seit mehr als zehn Jahren mit einer murky Ad-lib-Improvisation, aus der sich erst nach fast einer Minute das Thema »Zelesenga Dewel« herausschält. Dann allerdings ist die Handschrift des Komponisten und Vibraphonisten unüberhörbar – jenes äthiopische Jazzidiom, das längst globaler Kulturgutstatus erreicht hat und Astatke zur zentralen Figur eines ganzen Genres werden ließ.
Flirrende Bläsersätze, das perlende Vibraphon, ein dichtes Gewebe aus traditionellen äthiopischen Instrumenten wie Masenqo, Krar oder Begena sowie klassischem Jazz-Instrumentarium zeichnen die Stücke auf Mulatu Plays Mulatu aus. Die moderne Produktion betont die verschiedenen Schichten der Arrangements, ohne ihren organischen Fluss zu zerstören – ein Balanceakt, der hier mühelos gelingt. Astatke lässt seinen Mitspielern Raum, sich einzubringen, bleibt aber kompositorisch der Anker.
Aufgenommen mit Musiker:innen aus London, Addis Abeba und Los Angeles – darunter auch Dexter Story, der seit Jahren äthiopische Musik erforscht –, wirkt das Album wie ein zeitgemäßes Update dessen, was Astatke in Jim Jarmuschs »Broken Flowers« schon einer neuen Generation vorstellte. Ein klassisches, traditionsbewusstes Werk – und ein weiterer Beweis für die ungebrochene Strahlkraft des Ethio-Jazz.

Mulatu Plays Mulatu