Wie bereits »Encores 1« im vergangenen Juni vermuten ließ, kommt nun ein zweiter Nachschlag zum allseits gefeierten Album »All Melody« in Form von vier neuen Tracks. Eines vorweg: Der Leisetreter unter den New-Classical-Komponisten, der Lieblingsschwiegersohn der sanften Elektronik wird sich einmal mehr mit dem Kritikervorwurf der Harmlosigkeit konfrontiert sehen, doch mittlerweile wird Nils Frahm das herzlich egal sein. »Der will doch nur spielen« gilt eben auch für den Pianisten, egal ob er das im Saal 3 des Funkhaus Berlin oder in einem Brunnen auf Mallorca tut. Die verwaschenen Arpeggios im atmosphärischen »Sweet Little Lie« und das meditative »A Walking Embrace«, aus dessen 2-Akkord-Grundgerüst sich langsam eine verträumte Melodie herausschält, knüpfen noch an die rein akustische erste Zugaben-EP an. Mit »Talisman« und vor allem mit dem 12-minütigen »Spells« zeigt sich Frahm dann von seiner elektronischen Seite – allerdings genauso sanft und stimmungsvoll. Wo Erstgenanntes als bedächtiger und unspektakulärer Ambient aus den Boxen tropft, ist »Spells« mit seinen vielen Windungen und Steigerungen mit Sicherheit das aufregendste Stück von »Encores 2«. Nils Frahm weiß einfach inzwischen, was er will und auch was er kann, wie er den spezifischen Klang eines Raums effektiv in Szene setzt und mit welchen Instrumenten das am besten geht. Klar ist da eine gehörige Portion »L‘art pour l‘art« dabei. Doch was die einen auf Dauer dröge finden mögen, ist für andere eben das Höchstmaß an Geschmackssicherheit und Distinktion. Genau in diesem Spannungsfeld hat es sich Nils Frahm gemütlich gemacht.
Encores 2