Es fehlt nur das nervöse Fingerschnipsen und die ersten Töne von »Im Argen« könnten direkt als das neue Dubitatio-Leitmotiv der nächsten Twin Peaks-Staffel durchgehen. Nachdem sich aber zu dem von sanftem Dröhnen umschmeichelte Bläsermotiv erst ein behäbiges Spaghetti-Western-Arpeggio und dann eine sachte Lagerfeuerromantikgitarre gesellt, hellt sich die Atmosphäre auf, um gleich darauf wieder ins Dunkel zu fallen. Die ersten zwei Minuten des dritten Radare-Albums seit »Hyrule« aus dem Jahr 2011 geizen weder mit Referenzen noch mit impressionistischen Gesten. Stilistisch zwischen Angelo Badalamenti, den Doom-Jazzer Bohren & Der Club Of Gore sowie der dezenten Prise Ennio Morricone eingebettet entfalten Radare einen cineastischen Slo-Mo-Bombast, der treibend zum Treiben einlädt. »Im Argen« kennt kein Ziel, sondern nur die Verdichtung des Augenblickes, die Ausleuchtung der Tiefenverhältnisse. Obwohl Radare ihre eigene Vergangenheit in Chaoscore-Bands wie Actress (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Dancefloor-Dekonstrukteur) und den Sound ihrer Debüt-LP »Infinite Regress« bisweilen ebenso durchscheinen lassen wie ihre Leidenschaft für den Post-Metal-Entwurf einer Band wie Isis (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Terrororganisation), kommt es auf »Im Argen« nie zum Ausbruch. Die Spannung, die die vier Musiker in 35 Minuten über fünf Stücke aufbauen, sie erreicht nie ihren Höhepunkt, sondern klappert gemächlich alle möglichen Wendepunkte ab. Das Ergebnis ist ein fluides Gefühl von Suspense, wie es das Albumcover mit einem grobkörnigen Schwarz/Weiß-Bild eines sich überschlagenden Autos bereits vorbereitet. Das ist natürlich doch wieder sehr Twin Peaksig, aber… Seit wann heißt das denn was Schlechtes?

Im Argen