Dass man nicht immer die Stimme erheben muss, um sich Gehör zu verschaffen, hat in der letzten Dekade kaum ein Rapper besser bewiesen als [Roc Marciano](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/1462/roc-marciano.) Mit einem fast schon lächerlichen Lauf an großartigen Alben in den 2010er-Jahren hat sich der New Yorker zum – gar nicht mehr so heimlichen – Untergrundking gemurmelt. Doch der selbstbewusste xx Rapper ist sich seiner Qualitäten und seines Einflusses mittlerweile mehr als bewusst. Er weiß um jeden Wirkungstreffer, den er auch auf seinem 2020er-Album »Mt. Marci« wieder landet. Weiß, dass tausende Rapper:innen und hunderttausende Hörer:innen an seinen Lippen hängen. Dafür hat er sich in einem jahrelangen Prozess seinen perfekten musikalischen Zen-Garten geschaffen, in dem es nie lauter wird, als es muss. Als Cratedigger produziert Roc Marciano in diesem Refugium erneut fast alle Beats selbst und dieses Mal ist die Bezeichnung »Beats« für seine Produktionen auch treffend, da es tatsächlich Percussion gibt – das war oft anders in seiner Diskographie. Trotzdem verlässt er sich bei seinem jeher minimalistischen Ansatz vor allem auf klandestine Samples, die das Fundament für seine mal humorvollen, mal düsteren Gangsta-Rap-Geschichten bilden. In seinem Kare-san-sui wird es immer nur dann etwas lauter, wenn Gäste vorbeischauen. Ob Action Bronson, Kool Keith (!), Schoolboy Q: Der namenhafte Besuch hinterlässt einen kurzen rauschenden Eindruck und verschwindet dann wieder, bevor er zu viel Unruhe verursacht. Mit seiner ausgelassenen Balance ist Roc Marciano ein Gegenentwurf zu immer kürzer werdenen Social-Media-Schnipseln und zu kreischenden Jumpcuts. Wer sich zu ihm setzt und bereit ist, zu lauschen, der wird mit einer unerschöpflichen Platte belohnt.
Mt. Marci