Die ersten zehn Sekunden von Infiltrating Roku City sprechen eine deutliche Sprache: Shinetiac machen Musik, die unsere Gegenwart nicht bloß spiegelt, sondern mitformt. Aus dem Algorithmus destilliert, clubkulturell aufgeladen, mit tagesaktuellen Schnipseln aus Pop und Internet-Ästhetik. Schon der Opener »Bluemosa w/ innerfreekling« jagt Drum’n’Bass-Salven durch R’n’B-Samples und folkiges Gitarrenspiel. Was dabei entsteht, ist eine memige, postdigitale Klangcollage irgendwo zwischen Two Shell und Fred again.. »Highway« fährt das Tempo zurück und erinnert mit dumpfem Bass-Rumoren und schrägen Chords an Chillout-Sets von Peshay. »Clublyfe (Hulu)« wiederum spannt ein melodramatisches Trance-Prisma auf, das Club- und Couch-Kompatibilität zugleich behauptet.
Infiltrating Roku City wirkt wie die logische Fortschreibung des Adult-Swim-Sounds der 2000er – ein beatlastigeres Sequel zur PAN-Compilation Mono No Aware von 2017. Besonders »I Hate Being Sober« zeigt, wie souverän Shinetiac aus dem digitalen Datenmüll der sozialen Medien musikalische Haute Couture formen: Trap, Indie und Electronica deuten Tiefgang an, wo eigentlich musikalischer Doomscroll wartet. Den stärksten Moment aber bietet »Purelink«, weil er die eigentliche Kernkompetenz des Duos freilegt – flatternde, präzise produzierte Texturen mit zähflüssigem Sog. Und natürlich fehlt auch die Billie-Eilish-Referenz nicht: »Billie« lässt ihre Vocals im Stil von »Stereo Love« über ein mit Ornamenten überzogenes Ambient-Fundament gleiten – um schlussendlich: Nirgendwohin zu führen. Genau wie Infiltrating Roku City selbst – auf angenehm genussvolle Weise.

Infiltrating Roku City