Jazz, da sind sich ausnahmsweise mal alle einig, is the teacher. Nur was steht eigentlich auf dem Lehrplan? Stefan Wust gibt auf seinem dritten Album unter dem lakonischen Pseudonym SW. eine mehr als verschrobene Antwort auf diese Frage und das ist auch gut so. Wust ist bisher vor allem als Mitbetreiber des Labels SUED in Erscheinung getreten, das den verlässlichsten Output diesseits von Workshop an den Tag legte: Irgendwie House, irgendwie zugleich noch viel mehr, irgendwie aber völlig egal – Hauptsache, es geht auf und in die Wadenmuskulatur oder gleich ins Herz. Nachdem er bereits Anfang des Jahres auf dem Stuttgarter Label LOVEiT gastierte, ist »Night« für das österreichische Imprint Night Defined Wusts erste größere Veröffentlichung außerhalb der Homebase und lässt mit der Aphex-Twin-Gedenk-Betitelung der Tracks durchblicken, was ungefähr der künstlerische Ansatz ist: verschwitzten Authentizitismus mit komplexen Arrangements vereinen. Keine leichte Aufgabe, die Wust über knapp dreißig Minuten aber bravourös meistert. Schon »øpenJA[zzz…]« bringt Choräle, Proto-House-Basslines und Broken-Beat-Patterns zusammen, als wäre das eine Selbstverständlichkeit. Weiter geht es über verschwurbelten Electro, hochgepitchten Hip Hop und Rave-Signale, die im Mix mit stoische Stabs konkurrieren. »druQks iDEA[T]« erinnert mit seinen bittersüß verzogenen Streicher-Samples (oder besser gesagt: etwas, das danach klingt) sogar an Drakes »You & the 6«. Dass der versprochene »deeep HAUNTINGshit« in Form von bouncenden Grooves, die von samtigen Ambient-Flächen plattgewalzt werden, am Ende etwas zerfasert? Sei’s drum, denn das schließlich ist Teil von Wusts Antwort darauf, was die Kids von Jazz lernen können: Sich mal locker zu machen von Formen und Strukturen, die allerseits als reine Lehre angenommen werden. »Night« ist ein abenteuerliches Album und das ist sehr gut so.
Night