Review

Telebossa

Garagem Aurora

Staubgold • 2016

Die beiden Berliner Musiker Chico Mello und Nicholas Bussmann lassen sich nicht so einfach einhegen. Berechenbarkeit entspricht kaum ihrem künstlerischen Temperament. Hatten sie vor fünf Jahren mit ihrem Debüt als Telebossa eine, verkürzt gesprochen, minimalistische Interpretation der Bossa-Tradition angeboten, in der sie einige brasilianischen Standards höchst erfolgreich einem Langzeittest mit gestreckten Dauern unterzogen, sind sie auf ihrem zweiten Album schon wieder einen Schritt – oder drei – weiter. »Garagem Aurora« erweitert ihren Ansatz zu einer kammermusikalischen Erkundung im Grenzgebiet zwischen brasilianischer und Neuer Musik. Statt Mellos Gitarre und Bussmanns Cello sind diesmal ein Pianola und diverse Holzbläser zu hören. Das Automatenklavier darf in einigen »Ètudes« sogar ganz allein spielen, wobei Telebossa auch hier eine Sprache gewählt haben, die weniger auf die technischen Möglichkeiten des Instruments jenseits menschlicher Beschränkungen als auf eine verhalten-mechanische Poesie setzt. Geblieben ist dafür der sanfte, stets das eigene Verschwinden andeutende Gesang Chico Mellos. Bei alledem hat diesmal auch noch Altmeister Van Dyke Parks mitgeholfen. Pop in Kammerbesetzung sollte man allerdings nicht erwarten, vielmehr Kunstlieder als Blaupause für eine brasilianische Musik des 21. Jahrhunderts. Telebossa bewegen sich damit endgültig in einer Kategorie für sich.

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